Süddeutsche Zeitung

Klausur in Schwarzenfeld:CDU und CSU: Samma wieder gut

Lesezeit: 2 min

Von Wolfgang Wittl, Schwarzenfeld

Wie schnell sich die Zeiten doch ändern. Als sich die CSU an einem der letzten Spätsommertage 2016 zur Vorstandsklausur ins oberpfälzische Schwarzenfeld zurückzog, dominierte der Streit mit der CDU um die Obergrenze. Die CSU wolle die Bundestagswahl gemeinsam mit Angela Merkel gewinnen, das schon, sagte Parteichef Horst Seehofer - vor allem aber wolle man gewinnen. Nicht nur in Bayern wurde der Satz als unverhohlene Drohung aufgefasst. Nun steht Seehofer an einem der ersten Frühsommertage dieses Jahres wieder unter den Bäumen vor Schloss Schwarzenfeld und freut sich des gemeinsamen Lebens mit der CDU im Allgemeinen und mit der Kanzlerin im Besonderen. Frei nach dem Motto: Mögen die Merkel-Festspiele in der CSU beginnen.

Wenn Seehofer derzeit über die Bundeskanzlerin spricht, können die Worte gar nicht groß genug sein. "Das wird eine bombastische Veranstaltung", sagt er zum Beispiel über Merkels Bierzeltauftritt am Dienstag in Trudering - es wird sein drittes Treffen mit ihr binnen drei Tagen sein. Am Sonntag kommt er mit ihr in Berlin zusammen, am Montag in München zur Sitzung der Unionsfraktionsvorsitzenden. Ob er sich denn auf die drei gemeinsamen Tage freue? "Ja", sagt Seehofer mit einer Entschlossenheit, als werde er soeben ein weiteres Mal als Ministerpräsident vereidigt. Auch Markus Söder, einer von Merkels schärfsten Kritikern, lobt die Kanzlerin am Freitag als Hort der Stabilität. Man darf gespannt sein, wie Merkel auf die Avancen aus Bayern reagiert.

Bei ihrem letzten Auftritt in München, dem sogenannten Friedensgipfel Anfang Februar, hatte sie sich kein Lächeln abringen können. Damals grübelte sie mit den Unionsgranden in der CSU-Zentrale, wie sie sich neu erfinden könne angesichts des Hypes um ihren Herausforderer Martin Schulz. Nun staunt man auch in der CSU, wie dieselben Leute, die sich von Merkel abgewendet hatten, ihr jetzt wieder zujubeln. Sogar eine Regierung mit der FDP sei möglich, sagt Seehofer. Einig ist sich die Union allerdings darin, dass der Kanzlerinnenbonus allein nicht reichen wird. CDU und CSU müssten schon Inhalte für die Zukunft liefern - wollten sie nicht die gleichen Vorwürfe zu hören bekommen wie die SPD.

Dazu dient die Klausur in Schwarzenfeld. Im Fünf-Minutentakt, auch wenn es bei manchen länger dauerte, sollten CSU-Leute für den Bundestagswahlkampf die fünf wichtigsten Punkte aus ihrem Themenbereich vorstellen. CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann über innere Sicherheit, Söder über Steuern und Finanzen, Emilia Müller über Soziales, Parteivize Manfred Weber über Europa, und so weiter. Beschlossen wird noch nichts. Seehofer will die Erkenntnisse am Sonntag zum Treffen mit Merkel nach Berlin mitnehmen. Erst werden beide unter vier Augen sprechen, dann kommen jeweils vier Vertreter aus beiden Parteien hinzu. Die Runde soll die Grundzüge eines gemeinsamen Wahlprogramms festzurren, das die Union Anfang Juli vorstellen wird. Was an bayerischen Positionen darüber hinaus geht, will die CSU in einem eigenen Bayernplan mit einem Fest am 23.

Juli präsentieren. Die große Überschrift in Schwarzenfeld ist nicht neu, aber aus Sicht der CSU offenbar unverändert erfolgversprechend. "Sicherheit und Wohlstand für alle" fordert Seehofer. Auch soziale Sicherheit im Alter sei damit gemeint. Um jährlich 15 Milliarden Euro will die Union die Bürger in der kommenden Legislatur entlasten, "ein sehr realistischer Betrag", sagt Söder. Seehofer kündigt hinter verschlossenen Türen an, die CSU dürfe nicht nur auf Stammwähler schauen, sondern müsse sich breiter aufstellen, etwa auch die Arbeit der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer noch mehr schätzen. Er spricht sogar von Erleichterungen beim Erteilen von Arbeitserlaubnissen für Asylbewerber.

Und Merkel? Da laufe alles prima, findet Seehofer. Auf eines legt er aber Wert: "Nicht wir haben uns gewandelt, wir mussten in keinem einzigen Punkt etwas verändern." Die Parteizentrale hat ohnehin andere Sorgen mit Merkel: Das größte Problem, heißt es, habe zuletzt darin bestanden, für das Plakat in Trudering ein Foto zu finden, auf dem die Kanzlerin lächelt.

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SZ vom 20.05.2017
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