Süddeutsche Zeitung

Georgensgmünd:Staatsanwaltschaft: Polizist hätte tödlichen Reichsbürger-Angriff verhindern können

Lesezeit: 1 min

Nach den tödlichen Schüssen eines sogenannten Reichsbürgers in Franken hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ein Ermittlungsverfahren gegen einen Polizeibeamten eingeleitet. Der Beamte habe die von dem "Reichsbürger" ausgehende Gefahr erkannt und hätte die tödliche Schussabgabe auf einen 32 Jahre alten Polizisten womöglich verhindern können, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Ihm werde Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen.

Der sogenannte Reichsbürger hatte Mitte Oktober in Georgensgmünd im mittelfränkischen Landkreis Roth auf Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos geschossen und dabei einen 32-jährigen Beamten getötet und einen weiteren verletzt. Bei dem Einsatz sollten die Waffen des Mannes beschlagnahmt werden. Bereits kurz nach Bekanntwerden der Tat kam der Verdacht auf, dass der Beschuldigte Kontakte zur Polizei pflegte.

Der 50-jährige Hauptkommissar und ein 49 Jahre alter Oberkommissar waren bereits Mitte November vom Dienst suspendiert worden. Sie sollen schon vor dem Einsatz seit längerem per Handy-Chat Kontakt mit dem "Reichsbürger" gehabt haben. Auch die Lebensgefährtin des 49-jährigen Kommissars soll in dieser Chat-Gruppe gewesen sein.

Gegen den Oberkommissar wird schon seit November wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt. Er soll im Polizeicomputer nachgesehen haben, ob es dort im Zusammenhang mit der Waffenerlaubnis des "Reichsbürgers" Eintragungen gab. Zudem wurden bei dem 49-jährigen Beamten verbotene Gegenstände wie Wurfsterne, ein Wurfmesser sowie eine Schreckschusswaffe ohne Zulassung gefunden.

Der 50 Jahre alte Hauptkommissar galt zunächst nur als Zeuge. Mittlerweile wurde ihm der Tatvorwurf eröffnet. Er habe sich dazu bisher aber nicht geäußert. Ob die beiden Beamten auch persönlichen Kontakt mit dem Todesschützen hatten, konnte eine Sprecherin der Behörde nicht sagen. Bereits durch die Chat-Kontakte kamen jedoch "Zweifel an der Verfassungstreue der Polizisten auf", sagte der mittelfränkische Polizeipräsident Johann Rast im November. Es gebe auch zumindest einen "gewissen Anfangsverdacht", dass die beiden Beamten auch "Reichsbürger" sind.Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht an. Sie behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Die Bewegung wird inzwischen bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3345252
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/AFP
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.