Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingspolitik:Seehofer stellt Bedingungen für Einwanderungsgesetz

Lesezeit: 2 min

Von Johann Osel, München

Angesichts des Zustroms von Asylbewerbern fordert Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer "unverzüglich Klarheit". Er bitte Kanzlerin Angela Merkel persönlich um ein Treffen zwischen Bund und Ländern im September und damit früher als geplant, so der CSU-Chef im ARD-Sommerinterview am Sonntag. "Wenn wir die kalte Jahreszeit erreicht haben, ist es zu spät." Anders als Teile der CDU zog er eine ganz klare Trennlinie zu einem Einwanderungsgesetz, wie es der Koalitionspartner SPD fordert: "Ich kann hier für die CSU verbindlich erklären: Ein Einwanderungsgesetz, das zu noch mehr Einwanderung nach Deutschland führen würde, wird mit der CSU nicht infrage kommen."

Derzeit gebe es zu viele unterschiedliche Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Daher sei "eine Bündelung und Weiterentwicklung" der bestehenden Regelungen nötig, hieß es schon im März von einer CDU-Abgeordnetengruppe. Fraglich ist nach den Bedingungen Seehofers nun, wie ein Gesetz aussehen könnte.

Die SPD forderte Merkel auf, die ganze Union in der Einwanderungsfrage "realitätstauglich zu machen". SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel sagte, man müsse "echte Wege zu legaler Arbeitsmigration öffnen". Einem Einwanderungsgesetz, das dies nicht leiste, werde die SPD nicht zustimmen. Auch Wirtschaftsexperten sprechen sich für ein Gesetz aus. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, führte den Mangel an Fachkräften auf. "Wir benötigen ein Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung lenkt und die Interessen der deutschen Wirtschaft berücksichtigt."

"Alles, was bisher diskutiert wird, hätte zusätzliche Einwanderung zur Folge", sagte Seehofer über die Pläne für ein Einwanderungsgesetz. Man müsse aber "die Probleme angehen, die uns jetzt auf den Nägeln brennen". Zentrales Thema des Treffens im September müsse daher der "gewaltige Missbrauch des Asylrechts" durch Menschen sein, die wegen finanzieller Anreize nach Deutschland kämen und nicht aus Verfolgungsgründen.

Es müsse über geänderte Geldleistungen für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive gesprochen werden. Zudem müsse der Bund seine Hilfen für Länder und Kommunen von einer Milliarde Euro für 2015 "mindestens verdoppeln" und dann dauerhaft bereitstellen.

In ganz Deutschland klagen Länder und Kommunen derzeit über Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Immer lauter rufen viele Regierungschefs nach dem Bund - und greifen zu ungewöhnlichen Mitteln. So reaktiviert Nordrhein-Westfalen jetzt pensionierte Beamte für die Flüchtlingshilfe. 150 Pensionäre aus dem Bereich des Innenministeriums hätten sich auf ein entsprechendes Anschreiben zurückgemeldet, sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Auch frühere Lehrer werden fortan angeschrieben. Sie sollen etwa in den Erstaufnahme-Einrichtungen Neuankömmlinge registrieren. Die Bundeswehr will in den kommenden Wochen mit Zelten und in Kasernen Wohnraum für 7000 Menschen bereitstellen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2592906
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.08.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.