Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge in Bayern:Zweites Balkan-Zentrum soll nach Bamberg

Lesezeit: 3 min

Von Daniela Kuhr, Stefan Mayr und Olaf Przybilla, Donauwörth/München

Bis Donnerstagmittag war in ganz Bayern noch heiß spekuliert worden: Wo wird das zweite von der Staatsregierung geplante Aufnahmezentrum für 1500 Balkanflüchtlinge hinkommen? Donauwörth galt als ganz heißer Kandidat. Die Rottal-Kaserne in Kirchham war schon wieder ausgeschieden, dafür war zuletzt auch der Abrams-Komplex in Garmisch-Partenkirchen im Gespräch. Doch stattdessen ist die Wahl nun auf einen ganz anderen Standort gefallen: eine ehemalige US-Kaserne in Bamberg.

Das wollte das Innenministerium am Donnerstagnachmittag zwar noch nicht offiziell bestätigen, doch lud es für diesen Freitag um 13 Uhr in Bamberg zu einer Pressekonferenz ein - sodass man eins und eins zusammenrechnen kann. Während sich das Innenministerium noch geheimnisvoll gab, bestätigte der Oberbürgermeister der Stadt, Andreas Starke, der SZ, dass das Aufnahmelager auf dem Areal einer ehemaligen US-Kaserne eingerichtet werden solle. Dazu hätten am Dienstag erste Verhandlungen stattgefunden. "Wer in Bamberg um Hilfe bittet, bekommt sie auch", sagt der Oberbürgermeister.

Drei Bedingungen für ein neues "Balkan-Lager"

An dem ersten Gespräch in Bamberg hatten Innenminister Joachim Herrmann, Sozialministerin Emilia Müller sowie Vertreter der Regierung von Oberfranken und der Stadt Bamberg teilgenommen. Hintergrund ist, dass die Regierung von Oberfranken ohnehin bereits überlegt hatte, in Bamberg ein zweites großes oberfränkisches Flüchtlingszentrum einzurichten. Das erste ist in Bayreuth, gilt aber als chronisch überfüllt. Deswegen sollte in Bamberg auf dem großen Konversionsgelände des US-Militärs ein zweites Zentrum für 600 Flüchtlinge entstehen. Nach der Anfrage der Staatsregierung habe die Stadt sich aber nun mit dieser neuen Möglichkeit befasst, sagte Starke.

Unter drei Bedingungen wäre die Stadt bereit, das zweite "Balkan-Lager" einzurichten, sagte der OB: Die gesamte Konversionsfläche müsse bis Mai 2016 ins Eigentum der Stadt übergehen. Dort müsse für eine "menschenwürdige Unterbringung" gesorgt sein. Und es müsse sichergestellt sein, dass bezahlbarer Wohnraum entsteht. Auf dem Areal sollen - neben dem Zentrum - Wohnungen für bis zu 5000 Menschen gebaut werden. Am Freitag wollen Regierung und Stadt nachverhandeln, danach soll die Öffentlichkeit informiert werden.

"Diesen Kompromiss können alle mittragen"

Zufrieden mit der Entscheidung zeigt man sich vor allem in Schwaben. Dort hatte man zunächst befürchtet, dass das zweite Aufnahmezentrum für rund 1500 Balkan-Flüchtlinge auf dem Areal der ehemaligen Alfred-Delp-Kaserne errichtet wird. Doch stattdessen wird dort nun nur eine Erstaufnahmeeinrichtung für etwa 600 Asylbewerber aus anderen Ländern eingerichtet. Stefan Rößle, Landrat des Kreises Donau-Ries, nennt das "ein gutes Ergebnis". "Diesen Kompromiss können alle mittragen." Sie soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen - und bis 2019 bleiben.

Ursprünglich hatten Innenminister Herrmann und Sozialministerin Müller durchaus Donauwörth als Standort für das zweite Zentrum ins Auge gefasst. Doch am Ende hat Rößle das verhindert. Nach einem Besuch der beiden Minister, bei dem sie vergangene Woche das Areal besichtigten, steckten die lokalen CSU-Politiker ihre Köpfe zusammen und starteten ihre Widerstand-Aktion. 24 Stunden später hatte Oberbürgermeister Armin Neudert eine einstimmige Resolution des Stadtrats in der Tasche, die die Einrichtung "entschieden ablehnte". Der Landtagsabgeordnete Wolfgang Fackler und Landrat Rößle protestierten öffentlich und setzten CSU-intern alle Hebel in Bewegung. Obendrein sammelten Bürger Unterschriften.

Gelände wird für Wohnraum gebraucht

Diese Aktionen richteten sich wohlgemerkt nicht gegen die Flüchtlinge an sich - vielmehr wollten Stadträte und Bürger die Pläne von Stadt und Landkreis retten, das Gelände in dringend benötigten Wohnraum umzuwandeln. Bislang sind auf dem Areal etwa 120 Asylbewerber untergebracht. Ähnlich wie in der Sonthofener Grünten-Kaserne, die am Donnerstag Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) besichtigte.

Am Tag zuvor hatte Bayerns Innenminister das erste der beiden geplanten Zentren besucht: die Max-Immelmann-Kaserne in Manching bei Ingolstadt. Vom 1. September an sollen dort bis zu 500 Flüchtlinge untergebracht werden, für weitere 1000 wird es in der Nähe weitere Plätze geben. Dabei geht es nur um Flüchtlinge, die aus den Balkanstaaten kommen und deshalb so gut wie keine Aussicht auf Asyl haben. Durch die gemeinsame Unterbringung an einem Ort soll das gesamte Verfahren gestrafft werden und schneller ablaufen. Nach vier, spätestens sechs Wochen könnten die Menschen zurück in ihre Heimat geschickt werden, hofft Herrmann.

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SZ vom 14.08.2015
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