Süddeutsche Zeitung

Rechtsextremismus:Staatsanwaltschaft prüft neue Ermittlungen im Doppelmord von Erlangen

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1980 wurden Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin in ihrer Wohnung erschossen, die Spur führte zur "Wehrsportgruppe Hoffmann". Der Bericht eines V-Mannes bringt nun neue Bewegung in den Fall.

Von Olaf Przybilla, Erlangen/München

Die Nürnberger Staatsanwaltschaft prüft dieser Tage, ob sie neue Ermittlungen zum Doppelmord von Erlangen aufnimmt. Am 19. Dezember 1980 waren der Verleger Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke in ihrer Wohnung erschossen worden, 1986 hatte sich das Landgericht Nürnberg auf den da bereits ums Leben gekommenen Uwe Behrendt, ehemaliges Mitglied der "Wehrsportgruppe Hoffmann", als Alleintäter festgelegt. Der Verdacht, auch der in dieser Frage freigesprochene Karl-Heinz Hoffmann, Gründer der paramilitärischen Gruppe, könnte an der Tat beteiligt gewesen sein, flammt seither immer wieder auf.

Ein Bericht der Zeit Anfang August hatte zu einer Anfrage der SPD ans bayerische Innenministerium geführt. Sie wollte Auskunft über einen V-Mann, der wenige Tage vor dem Doppelmord bei Hoffmann in Ermreuth zu Besuch war. Das Ministerium hat diesen V-Mann-Besuch nun bestätigt. Laut einem Schreiben des bayerischen Verfassungsschutzes ans Bundesamt für Verfassungsschutz Ende Februar 1981 machte sich Hoffmann bei dem Besuch an "zwei Rohren" zu schaffen. Der V-Mann berichtete, Hoffmann habe diese "mit Stahlwolle so sorgfältig" gesäubert, dass "man keine Fingerabdrücke mehr" habe feststellen können. Auch habe er darauf geachtet, das Rohr "nicht mit den blanken Fingern" zu berühren.

Beim Doppelmord war ein selbst gebastelter Schalldämpfer verwendet worden. Allerdings, so geht aus der Ministeriumsantwort hervor, gingen Ermittler 1981 davon aus, dass die Tatwaffe "mit einem aus einer Spraydose selbst gefertigten Schalldämpfer" versehen war. Der V-Mann habe verneint, dass die bei Hoffmann zu sehenden "Behälter" so einer Dose ähnlich gewesen seien. Auch seien die V-Mann-Angaben in Ermittlungen und Gerichtsverhandlung eingegangen und gewürdigt worden.

Für die SPD bleiben trotzdem Fragen offen. Etwa die, ob nach der V-Mann-Information 1980 "Schutzmaßnahmen für potenziell gefährdete Personen" ergriffen worden sind. Nach SZ-Informationen will die Staatsanwaltschaft demnächst bekanntgeben, ob sie ein neues Verfahren in der Causa einleitet. Aufgrund der Sachlage gilt das aber als unwahrscheinlich.

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