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Entscheidung übers PAG:Polizei soll Kindern das Polizeiaufgabengesetz erklären

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Von Lisa Schnell, München

An diesem Dienstagabend wird das neue Polizeigesetz der CSU-Staatsregierung sehr wahrscheinlich beschlossene Sache sein. Noch ein paar Stunden, um für die Freiheit zu kämpfen, so sehen das die Kritiker des Gesetzes. Nur noch ein paar Stunden, bis der Spuk vorbei ist, so lautet die Hoffnung der CSU.

Zumindest die Unterstützung der Polizeigewerkschaften hat Ministerpräsident Markus Söder. Sie befürworten seinen Vorschlag zur Güte, den er am Wochenende vortrug. Damit reagierte er auf den massiven Protest von mehr als 30 000 Demonstranten am vergangenen Donnerstag in München und Tausenden anderswo in Bayern am Wochenende. Der große Widerstand zeige, dass die Bevölkerung stark verunsichert sei, schreibt Peter Schall, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), in einem Statement. Er befürwortet deshalb eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit. Polizisten sollen in Schulen und Hochschulen gehen, um die Notwendigkeit des PAG zu erläutern.

Die Umsetzung des Gesetzes wird laut Söder eine Kommission bewerten, die es eventuell auch weiterentwickeln soll. Söder komme damit den Kritikern entgegen, erklärt Schall. Zudem werde das neue Gesetz aufgrund von anhängigen Verfassungsbeschwerden noch von Gerichten geprüft. "Insofern sind Vorwürfe, Bayern werde zum Polizeistaat, völliger Unsinn." Die Polizei brauche die neuen Vorschriften und werde diese unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit anwenden.

Streiten könne man darüber, ob es Polizeibeamte sein müssen, die in den Schulen aufklären, sagt Jürgen Ascherl, stellvertretender Landesvorsitzender der deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). "Das kostet Ressourcen, und die gehen uns bei der Bekämpfung der Kriminalität ab", sagt er. Das Signal Söders, mit einer Kommission alle mitnehmen zu wollen, findet Ascherl gut. Nicht einsichtig ist für ihn, warum das Gesetz zuerst im Landtag beschlossen werden soll, um danach über Änderungen zu sprechen. "Vom Grundsatz her würde es andersherum eher Sinn machen."

Am Dienstag wollen Schüler und Studenten mit ihrem Protest erneut vor den Landtag ziehen. Auch Ulrich Schellenberg, Vorsitzender des Deutschen Anwaltvereins, betont kurz vor der Verabschiedung noch seine Bedenken. "Das neue Gesetz wird eher zu Rechtsunsicherheit führen als zu Rechtssicherheit", sagt er. Neue Befugnisse für die Polizei seien in Hinblick auf die gute Sicherheitslage in Bayern nicht notwendig. Grüne und SPD sehen das ähnlich und wollen im Landtag einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen, in dem sie dazu auffordern, die Verabschiedung des PAG, geplant für Dienstagabend um 21 Uhr, von der Tagesordnung zu nehmen.

"Dieses verfassungswidrige Gesetz darf nicht verabschiedet werden", sagt Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen. SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen erinnert an die gut 30 000 Demonstranten. Der Respekt vor ihnen verlange, dass das Gesetz nicht durch den Landtag gepeitscht werde. Am Ende reicht die Ablehnung einer Fraktion, um die Anträge von Grünen und SPD zu kippen. Die Opposition hat dann noch die Möglichkeit, eine dritte Lesung zu beantragen, wie es bei umstrittenen Gesetzen oft gemacht wird. Aufgrund der absoluten Mehrheit der CSU ist die Verabschiedung des PAG aber reine Formsache.

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SZ vom 15.05.2018
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