Süddeutsche Zeitung

CSU-Klausur:Seehofer drängt Söder nach Berlin

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Von Wolfgang Wittl, Bad Staffelstein

Unter normalen Umständen würde dieses Gespräch wohl so ablaufen: Der eine, der sich überrumpelt fühlt, würde schimpfen, was bitte schön das jetzt wieder zu bedeuten habe. Oder, wenn er wie Markus Söder aus Franken stammt und zu einer latenten Direktheit neigt: "Was willsd'n scho' widder?" Der andere, angenommen er heißt nicht Horst Seehofer, würde dann wohl entgegnen, wie alles wirklich gemeint gewesen sei. Weil Seehofer und Söder aber nur bedingt unter die Kategorie normal fallen, sondern Politiker sind, werden solche Gespräche meist anders geführt. Doch dazu später.

Seehofers Grundsatzrede vor der CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz war mit Spannung erwartet worden, vor allem, wie er auf Angela Merkels Fehlereingeständnis reagieren würde. Zum größeren Aufreger schaffte es dann allerdings eine andere Passage. Wie schon bei der Vorstandsklausur vor zehn Tagen sprach der CSU-Chef plötzlich die Personalfrage für die Bundestagswahl an. Und wie schon in Schwarzenfeld spitzte er das Thema auf Söder zu, ohne dessen Namen zu nennen.

In Banz zog Seehofer die Schraube nun sogar noch ein Stück mehr an: "Bitter notwendig" sei es, mit der besten Formation in die Wahlen zu ziehen. "Nur mit Alphatieren" könne die CSU im Bundestag bestehen und ein klassisches Ministerium einfordern. Und damit meine er nicht sich, sagte Seehofer. Die persönliche Lebensplanung einzelner sei zwar schön, dürfe im Dienst der Partei aber keine Rolle spielen.

Wohlgemerkt: Der Name Söder fiel kein einziges Mal. Wer allerdings dessen Lebensplanung kennt ("ich brauche Bayern und Bayern braucht mich"), ahnt, auf wen Seehofer abzielte. Zumal Söder lediglich zwei Alphatiere in der CSU gelten lässt: Seehofer - und Söder.

In der Fraktion wurden die Sätze aufmerksam registriert. Ein "brutaler Zugriff" sei das gewesen, fand einer, Seehofer habe den Druck "gnadenlos" erhöht. Söder, so schilderten es Teilnehmer, habe ruhig, aber nicht erfreut dreingeblickt. Wie die meisten Abgeordneten hatte er nicht für möglich gehalten, dass der Parteichef noch einmal nachlegt, zumal vor der Fraktion, in der Söder großen Rückhalt genießt.

Viele Abgeordnete empfanden Seehofers Worte daher auch als überflüssig. "Jede Personaldiskussion ist jetzt schädlich und muss aufhören", forderte einer. Andere wollten den Vorgang gar nicht kommentieren, winkten nur ab. Gerade die Jüngeren in der Fraktion sind einer Personaldiskussion derzeit überdrüssig. Sie verweisen darauf, dass Seehofer es selbst gewesen sei, der die Reihenfolge festgelegt habe: Inhalte vor Personal. Manch einer vermutet, Seehofer habe die Debatte in Banz nur deshalb befeuert, um die Aufmerksamkeit der Abgeordneten wieder auf sich zu ziehen. Denn seine Rede, die er erstmals im Sitzen hielt, habe nicht wie sonst gezündet. Oder er wolle nur ablenken von seinem Druck, die CSU wieder mit der CDU zu versöhnen.

Ach, Söder war ja gar nicht gemeint

Welche Gründe Seehofer auch zum Satz mit dem "Alphatier" verleitet haben mögen, die Reaktion in Banz zeigt: Die Fraktion steht den Plänen, Söder nach Berlin zu schicken, deutlich reservierter gegenüber als die Parteispitze. Söders Getreue sind der Auffassung, wenn wirklich der Beste die Verantwortung übernehmen müsse, dann nicht im fernen Berlin, sondern im Machtzentrum München. Nicht nur als Parteivorsitzender, sondern in Doppelfunktion als Ministerpräsident. Die Personalfrage zur Bundestagswahl 2017 sei deswegen nur gemeinsam mit dem Tableau für die Landtagswahl 2018 zu klären. Spannend bleibt: Je freundlicher Seehofer Söder umgarnt, desto schwieriger wird es für diesen, die Wünsche des Chefs abzuwehren.

Besagtes Gespräch führte Seehofer abends in kleiner Runde über die Verhandlungen zur Erbschaftsteuer. Auch Söder war dabei, zur Rede des Chefs schwieg er. Ihn habe er mit Berlin ja auch gar nicht gemeint, soll Seehofer von selbst geflötet haben - vielleicht auch mit Blick auf die verhaltene Rückmeldung der Abgeordneten. Er habe eher an Ilse Aigner oder Joachim Herrmann gedacht.

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Quelle:
SZ vom 22.09.2016
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