Süddeutsche Zeitung

Bayerischer Landtag:Besuch des rechten Herren

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"Vermeiden Sie nicht notwendige Besuche" hat die AfD-Fraktionschefin im Landtag im März ihre Anhänger aufgefordert. Jetzt hat sie Björn Höcke, den Rechtesten der Rechten, im Maximilianeum empfangen. Ein Akt der Verzweiflung.

Kolumne von Andreas Glas

Es gibt da diesen Facebook-Post von Katrin Ebner-Steiner, adressiert an ihre Anhänger: "Bitte achtet aufeinander und vermeidet nicht notwendige Besuche." Mitte März war das, im frühen Stadium der Pandemie. Inzwischen ist Ende Juni und die AfD-Fraktionsführerin hätte vielen Menschen einen Gefallen getan, hätte sie am vergangenen Donnerstag ihren eigenen Rat befolgt und den definitiv unnötigen Besuch von Björn Höcke im bayerischen Landtag vermieden.

Aber nein, sie begrüßte Thüringens AfD-Chef, den Rechtesten der Rechten, mit inniger Umarmung und führte ihn zum Plenarsaal. Da stand er dann, obwohl er das nicht durfte, und natürlich trug er keine Maske, obwohl er das musste. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) reagierte, verbannte Höcke von der Plenarebene, und ließ ausrichten, dass Faschisten "nicht willkommen" seien.

Über Höcke hat der Besuch nichts Neues verraten. Der macht ja immer Krawall, kennt man. Auch Ebner-Steiner krawallt gern, trotzdem ließ ihr Empfang für Höcke tief blicken ins Innere ihrer Fraktion. Wobei es ja schief ist, von "ihrer" Fraktion zu sprechen, spätestens seit Mai, seit zwölf von 20 Mitgliedern der zerstrittenen AfD-Fraktion ihrer Chefin das Misstrauen aussprachen. Sie habe Höcke auch deshalb empfangen, weil einer ihrer internen Gegner "um Mediation gebeten" habe, sagt Ebner-Steiner, die nur noch Fraktionschefin ist, da es für ihren Sturz eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht.

Falls sie mit dem Höcke-Besuch wirklich das Ziel verband, die Fraktion zu einen, war das eine dumme Idee, die nachweislich nicht funktioniert hat. Zwar läuft die Konfliktlinie in der Fraktion nicht streng entlang der Lager aus rechten und rechteren Mitgliedern, es geht eher um Machtfragen. Dass ausgerechnet jener Politiker, der selbst innerhalb der AfD polarisiert, die gespaltene Fraktion einigen könnte, ist trotzdem ein schräger Gedanke.

Wahrscheinlicher ist, dass Ebner-Steiner mit Höcke die maximale Provokation gesetzt hat, um sich für einen kurzen Moment das Gefühl zu geben, noch sichtbar zu sein. In Umfragen zeichnet sich der Sturz der AfD in die Unsichtbarkeit ja bereits ab, die Fünf-Prozent-Marke ist erreicht. Hinter dem Höcke-Empfang dürfte also vor allem ein Grund stecken: Verzweiflung.

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Quelle:
SZ vom 29.06.2020
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