Süddeutsche Zeitung

Agrarpolitik:Die bayerische Ministerin und die Sache mit der Öko-Statistik

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Wenn es um die Biolandwirtschaft in Bayern geht, erklärt Michaela Kaniber regelmäßig, dass der Freistaat deutschlandweit führend sei. "Das ist Irreführung", entgegnen Kritiker.

Von Christian Sebald

Wenn es um die Biobauern in Bayern geht, dann greift Agrarministerin Michaela Kaniber gerne zu Superlativen. Bayern sei das Bundesland mit der "mit Abstand größten Ökofläche und den meisten Ökobetrieben", ließ die CSU-Politikerin unlängst wieder verlauten. Kein anderes Bundesland sei beim Ausbau der Biolandwirtschaft so erfolgreich wie der Freistaat. Die Staatsregierung pumpe pro Jahr 110 Millionen Euro in seine Biobauern, auch in der Beratung und der Unterstützung bei der Vermarktung ihrer Produkte sei Bayern Spitze.

Was die Zahlen anbelangt, stimmen Kanibers Worte. 2021 gab es laut Bundesagrarministerium 11 527 Biobauern im Freistaat. Sie bewirtschafteten zusammen 408 616 Hektar Acker- und Weideland nach ökologischen Grundsätzen. Damit stellt Bayern 28 Prozent der Biobauern und gut ein Fünftel des ökologisch bewirtschafteten Agrarlands in Deutschland. In Baden-Württemberg, das auf Rang zwei folgt, waren es mit 10 162 Biobauern 1365 weniger als in Bayern. Und mit 203 830 Hektar Agrarland bewirtschafteten die Biobauern im Ländle nicht einmal halb so viele Äcker und Weiden wie ihre bayerischen Kollegen.

Aber das ist nur die eine Seite. Nimmt man die Anteile der Biolandwirtschaft in den 13 deutschen Flächenländern als Maßstab, verändert sich das Bild mit einem Schlag. Dann rangiert der Freistaat mit seinem 13,8-Prozent-Quote an Biobauern nämlich nur auf Rang acht - im hinteren Mittelfeld also. Baden-Württemberg und das kleine Saarland liegen mit einer Quote von jeweils 26,4 Prozent gleichauf an der Spitze, dann folgt Mecklenburg-Vorpommern (24,4 Prozent). Auch Brandenburg (19,6 Prozent,) Hessen (16 Prozent), Sachsen-Anhalt (15,2 Prozent) und Sachsen (14,2 Prozent) rangieren vor Bayern.

Ähnlich bescheiden fällt das Ranking für den Freistaat bei den Anteilen des ökologischen Agrarlands aus. Mit einer Quote von 19,4 Prozent steht da das Saarland an der Spitze, gefolgt von Hessen (16,2 Prozent), Brandenburg (15,5 Prozent), Baden-Württemberg (14,5 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (14,1 Prozent). Erst dann - auf Rang sechs und damit wieder nur im Mittelfeld - kommt Bayern mit seinem 13,2-Prozent-Anteil Öko-Agrarland.

Nun kann man die Sinnhaftigkeit solcher Rankings natürlich grundsätzlich in Frage stellen. Sogar in der bayerischen Agrarverwaltung soll es welche geben, die Kanibers permanente Rede von der Spitzenposition des Freistaats in der Landwirtschaft im Generellen und dem Biolandbau im Besonderen für nicht ganz frei von "typisch altbayerischer Kraftmeierei" halten. Aber wenn man solche Rankings aufstellt, dann sollten sie zumindest fair sein. Das hat dieser Tage die ÖDP-Politikerin Agnes Becker wieder einmal gesagt.

Becker, die es als Sprecherin des überaus erfolgreichen "Volksbegehrens Artenvielfalt - Rettet die Bienen" vor vier Jahren zu einer gewissen Bekanntheit gebracht hat, ärgert sich sehr über Kanibers Art des Ländervergleichs. Sie nennt ihn "Irreführung" und "Augenwischerei". Der Grund sind die Zahlen, die die Ministerin dafür verwendet. "Wenn ich nämlich nur die absoluten Zahlen der Betriebe und der Öko-Agrarfläche ansetze, kann ja gar nichts anderes als Bayern auf Nummer eins herauskommen", sagt sie. "Schließlich ist Bayern das größte Bundesland, mit der größten Agrarfläche und den mit den meisten Bauernhöfen." Für ein echtes Ranking, so sagt Becker, braucht es einen fairen Maßstab. "Das kann aber nur der Anteil der Biobauern und der Biofläche an den Höfen und und der Agrarfläche in dem jeweiligen Bundesland sein."

So wie Kanibers Experten ja auch beim innerbayerischen Öko-Ranking verfahren. Die Landesanstalt für Landwirtschaft, die dem Agrarministerium angegliedert ist, hat erst dieser Tage wieder eines veröffentlicht. Bayerischer Bio-Spitzenreiter ist demnach der oberbayerische Landkreis Miesbach. Basis des Rankings ist der Anteil des ökologisch bewirtschafteten Agrarlands an der gesamten Agrarfläche in einem Landkreis. Im Landkreis Miesbach liegt die Bioflächen-Quote bei 39 Prozent.

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