Süddeutsche Zeitung

Bayerischer Jagdverband:Transparenz hinter verschlossener Tür

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Von Matthias Köpf, Feldkirchen

Nach dem Rückzug des umstrittenen Verbandspräsidenten Jürgen Vocke blicken Bayerns Jäger gespannt der Delegiertenversammlung des Jagdverbands am 26. Oktober entgegen. Dann werden Vertreter aller 159 Kreisgruppen in Schrobenhausen über ein gutes Dutzend Anträge entscheiden, die auf sofortige Abwahl Vockes sowie einzelner oder aller Präsidiumsmitglieder abzielen. Medien sollen aber ausgesperrt werden.

Hinter den Kulissen geht es längst um Vockes Nachfolge. Auch Vizepräsident Thomas Schreder, der übergangsweise Vockes Aufgaben übernommen hat, will sich um das Präsidentenamt bewerben. Schreder, der auch Bezirkschef in Oberbayern ist, hatte schon 2017 angekündigt, Vocke nachfolgen zu wollen, sollte dieser sein Amt einmal aufgeben. Doch dies hat Vocke noch nicht endgültig getan. Bisher lässt er sein Amt nur ruhen - laut eigener Mitteilung, bis die strafrechtlichen Vorwürfe gegen ihn geklärt sind.

Andreas Ruepp, Kreisvorsitzender der Memminger Jäger und ebenfalls Mitglied des Landespräsidiums, hatte ihn und den ehemaligen Schatzmeister wegen Untreue angezeigt. Die Vorwürfe stützen sich auf den Bericht eines Wirtschaftsprüfers. Unter anderem werden Vocke Unregelmäßigkeiten bei seinen Aufwandsentschädigungen, bei der Nutzung seines Dienstwagens und bei seinen Spesen vorgeworfen. Vocke geht weiterhin im "Haus der Jäger" in Feldkirchen bei München ein und aus, in dem sich auch die Landesgeschäftsstelle des Verbands befindet. Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei hatten diese Anfang der vergangenen Woche durchsucht.

Bis der Fall Vocke juristisch aufgearbeitet ist, wird noch viel Zeit vergehen - vermutlich mehr als der seit 25 Jahren amtierende Vocke auch formal noch Präsident sein wird. Selbst wenn ihn die Delegierten am 26. Oktober nicht endgültig abwählen, wird Vocke kaum umhin können, sein Amt beim nächsten Landesjägertag im März in Lindau abzugeben, wie er es schon vor mehreren Monaten angekündigt hat. Sein Stellvertreter Schreder erklärt, bei dieser Gelegenheit unabhängig von einer Kandidatur ums Präsidentenamt auf jeden Fall als Vizepräsident zurückzutreten und die Mitglieder gegebenenfalls um ein neues Mandat zu bitten. Auch andere Präsidiumsmitglieder erwägen diesen Schritt, einen gemeinsamen Beschluss zum kollektiven Rücktritt gibt es aber nicht. Zugleich ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass die Delegierten schon in Schrobenhausen für einen kompletten Neuanfang stimmen.

Trotz aller Lippenbekenntnisse zu einer neuen Offenheit und Transparenz im Jagdverband soll diese außerordentliche Delegiertenversammlung hinter verschlossenen Türen stattfinden - laut Schreder, weil es so in dem Antrag stand, mit dem sein oberbayerischer Bezirksverband die Delegiertenversammlung vor einigen Wochen gegen Vockes Willen erzwungen hatte.

Neben der Beschäftigung mit sich selbst will sich der Jagdverband auch wieder Sachfragen zuwenden. Um bei den politischen Bemühungen zum klimagerechten Waldumbau genug Gehör zu finden und im Dauerstreit mit den Förstern die eigene Positionen zu schärfen, hat er einen "Arbeitskreis Waldumbau, Klimawandel und Jagd" gegründet. Dessen Leiter Hartmut Wunderatsch betont, der Wildverbiss spiele keine Rolle mehr, wenn im Klimawald nicht der wirtschaftliche, sondern der ökologische Nutzen im Vordergrund stehe.

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Quelle:
SZ vom 18.10.2019
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