Süddeutsche Zeitung

Rheinbrücke Duisburg:Knöllchenschlacht über dem Rhein

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Von Bernd Dörries

Es gibt wohl kaum eine andere Autobahn in Deutschland, die so viele Beinamen hat wie die A 40. Die "Hauptschlagader des Ruhrgebietes" nennen sie die einen, weil die Autobahn quer durch das Revier führt. Für andere ist sie der "Sozialäquator", weil sie bei ihrer Reise durch den Pott die Städte durchtrennt, in den armen Norden und den reichen Süden. Und schließlich machte der Bochumer Autor Frank Goosen die Bundesautobahn zum Kult. Sein Spruch "A 40 - Woanders is' auch scheiße" wird im Ruhrgebiet gerne auf T-Shirts getragen und als Aufkleber aufs Auto gepappt.

Die Einschätzung der Gesamtlage durch Goosen hat in diesen Tagen eine neue Dringlichkeit erfahren. Seit Dienstag ist die Rheinbrücke in Duisburg - auch das "Einfallstor zum Ruhrgebiet" genannt - nur noch einspurig befahrbar und für Lkw ganz gesperrt. Teile des Landes stehen im Stau und sind gereizt. Etwa 100 000 Autos überqueren die Brücke an guten Tagen, von denen es zuletzt immer weniger gab.

Eine Brücke macht vorzeitig schlapp

1970 gebaut, sollte sie eigentlich noch 15 Jahre halten. Nun macht sie vorzeitig schlapp, mehr als 600 Risse haben Techniker entdeckt und die Notbremse gezogen. Für die Region Duisburg ist die Sperrung eine Katastrophe, 11 000 Lkw fuhren sonst pro Tag über die Rheinquerung, sie müssen nun große Umwege machen oder kommen gar nicht mehr ans Ziel. Das war meist der Duisburger Binnenhafen, der größte Europas, der die Hälfte seiner Ware über den Landweg bekam, 55 Millionen Tonnen im Jahr. Meist über die nun gesperrte Rheinbrücke.

Viele Lastwagenfahrer werden es wohl dennoch probieren, glaubt die Polizei und ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Blitzanlagen wurden installiert, die auf Gewicht reagieren, etwa 60 Beamte sollen das Verbot Tag und Nacht kontrollieren. Und es wird wohl einiges zu kontrollieren geben, die Polizei richtet sich auf eine Knöllchenschlacht ein.

Ähnliche Probleme in Leverkusen und Köln

Die Bußgelder könnten durchaus als Anschubfinanzierung herhalten, wenn die Brücke von 2019 an neu gebaut werden soll, für geschätzte 180 Millionen Euro. Ein paar Kilometer weiter bei Leverkusen steht eine baugleiche Rheinbrücke, die ebenfalls für Lkw gesperrt wurde. Das Verbot wird täglich viele hundert Mal gebrochen, weil für die Spediteure das Bußgeld weit günstiger ist als stundenlange Umwege. Schließlich sind auch im nahen Köln alle maroden Rheinbrücken für Lkw gesperrt.

Etwa 98 000 Lastwagen wurden im vergangenen Jahr auf der Leverkusener Brücke geblitzt, das macht Einnahmen von 10,5 Millionen Euro für die Städte Köln und Leverkusen. Die gesperrten Rheinbrücken sind für beide ein Ärgernis - aber auch ein fester Haushaltsposten.

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Quelle:
SZ vom 12.03.2015
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