Süddeutsche Zeitung

Verhaltensforschung:Optimisten in Rosa

Wenn Schweine sich gut fühlen, dann rechnen sie auch in der Zukunft mit Wohltaten. Genau umgekehrt verhält es sich jedoch, wenn die Tiere unter Stress stehen.

Katrin Blawat

Fühlt ein Schwein sich wohl, erwartet es von den Geschehnissen in seiner Umgebung nur Gutes - und umgekehrt. Diese Erkenntnis stellte Catherine Douglas von der Newcastle University kürzlich auf einer Fachtagung im britischen York vor.

Um die Lebenseinstellung der Tiere zu testen, brachte Douglas ihnen zunächst bei, den Ton eines Glockenspiels mit einem Apfel - für Schweine eine Delikatesse - zu assoziieren. Ein Klickgeräusch hingegen lernten die Tiere mit dem unangenehmen Knistern einer Plastiktüte zu verbinden.

Dann teilte Douglas die Schweine in zwei Gruppen, von denen die eine luxuriös ausgestattete Stallboxen bezog. Viel Platz zum Herumlaufen, Stroh zum Wühlen und verschiedene Spielzeuge sollten dafür sorgen, dass sich die Schweine wohlfühlten und keinen Stress empfanden.

Genau dies war bei der zweiten Gruppe beabsichtigt, daher bekamen diese Tiere nur enge Boxen ohne Stroh und schweinegerechtes Spielzeug geboten. Dann spielte Douglas beiden Gruppen einen Quietschton vor, der bisher keine Bedeutung für die Tiere hatte. Die Schweine in den anheimelnden Boxen kamen daraufhin erwartungsvoll zu jener Stelle, an der sie zuvor ihre Äpfel bekommen hatten.

Die Tiere aus den langweiligen Boxen ängstigte das Quietschen hingegen. Statt Futter schienen sie die unangenehm knisternde Tüte zu erwarten. "Schweine reagieren wie Menschen", sagt Douglas. "Wenn wir uns wohlfühlen, erwarten wir von einem Ereignis, das wir zunächst nicht einschätzen können, dass es uns Gutes bringt."

Ihre Studie sei ein weiterer Beleg dafür, zu welch komplexen Emotionen Schweine fähig seien. "Das muss in der Haltung stärker berücksichtigt werden", fordert die Tierärztin.

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Quelle:
SZ vom 29.07.2010
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