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Klimawandel:Macht die Erderwärmung Hurrikans stärker?

Lesezeit: 2 min

Von Christopher Schrader

Den Namen Harvey, Irma oder Maria wird nie wieder ein atlantischer Wirbelsturm tragen. Sie wurden am Ende der sehr aktiven Hurrikan-Saison 2017 aus der Liste gestrichen, weil Stürme mit diesen Bezeichnungen zusammen fast 3200 Todesopfer verursacht hatten, die weitaus meisten davon in Puerto Rico. Insgesamt sechs Hurrikane der Kategorien drei bis fünf hatte es im vergangenen Jahr gegeben (die anderen blieben über dem Ozean) - erheblich mehr als im langjährigen Durchschnitt von 2,7. Wissenschaftler haben jetzt die wichtigste Ursache für diese Häufung identifiziert: die hohen Wassertemperaturen im tropischen Atlantik ( Science).

Um das belegen, nutzte das Team um Hiroyuki Murakami von der US-Atmosphärenbehörde NOAA ein bewährtes Computermodell. Solche Simulationsrechnungen erlauben es Wissenschaftlern, mögliche Faktoren zu Testzwecken gezielt zu manipulieren: In diesem Fall schalteten sie die übermäßige Wärme in verschiedenen Teilen der Ozeane nacheinander aus. Ohne die erhöhten Temperaturen im tropischen Atlantik wäre die Hurrikan-Saison demnach durchschnittlich ausgefallen. Die Verhältnisse an der US-Ostküste oder im Pazifik änderten hingegen kaum etwas an der Zahl der stärksten Wirbelstürme. Damit war auch die vorherige Hauptverdächtige entlastet, das Wetterphänomen La Niña, das sich im Sommer 2017 im Pazifik bildete.

"Beleg für künftig häufigere starke Hurrikane"

Wirbelstürme können nur entstehen, wenn das Meer zwischen Westafrika und Karibik mindestens 26 Grad Celsius warm ist. Dann steigt die Zahl der starken Hurrikane mit jedem Bruchteil eines Grads an, und 2017 war das Wasser um 0,6 bis 0,8 Grad wärmer als gewöhnlich. Allerdings können die Forscher um Murakami nicht unterscheiden, ob vor allem natürliche Schwankungen oder der Einfluss der von Menschen ausgestoßenen Treibhausgase für die übermäßige Erwärmung in jener Region verantwortlich waren. Beides sei möglich, heißt es in Science.

Deutsche Forscher loben die Studie. Sie liefere "einen Beleg für künftig häufigere starke Hurrikane im Atlantik", sagt Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. "Allerdings mit drei Einschränkungen, die auch alle in der Arbeit diskutiert werden." So sei bisher unklar, wie der Klimawandel die besondere Erwärmung des tropischen Atlantiks über die globalen Mittelwerte hinaus beeinflusst, wie sich La Niña verändert und ob der Atlantik insgesamt durch eine Abschwächung des Golfstroms etwas kühler wird. Die Forscher haben also noch einiges zu tun.

Derweil zeigt Hurrikan Florence, der vor zwei Wochen die US-Bundesstaaten North und South Carolina getroffen hatte, dass Windstärke nicht der einzige Auslöser für große Zerstörungen ist. Der Sturm hatte über See Kategorie vier erreicht, sich aber auf Kategorie eins abgeschwächt, bevor er die Küste erreichte. Dort blieb er tagelang hängen und schüttete bis zu 91 Zentimeter Regen auf die Landschaft. Dass solche Tiefdruckgebiete nicht weiterziehen, halten viele Forscher inzwischen auch für eine Folge des Klimawandels, weil dieser die Höhenwinde schwächt.

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