Süddeutsche Zeitung

Wetterphänomen:Blitz-Rekord am Nordpol

Lesezeit: 1 min

Von Tobias Herrmann

In der Arktis haben Meteorologen vergangene Woche innerhalb eines Tages rund 50 Blitzeinschläge detektiert. Bedenkt man, dass es weltweit etwa 44 Mal pro Sekunde blitzt, erscheint das zunächst alles andere als spektakulär. Außergewöhnlich ist jedoch weniger die Anzahl, sondern eher der Ort der Einschläge. Wie das Büro des National Weather Service in Alaska auf Twitter schreibt, blitzt es im Umkreis von 300 Seemeilen rund um den geografischen Nordpol so gut wie nie. "Der Rekord für einen Tag lag bisher bei sechs Blitzeinschlägen", sagte Ryan Said dem Magazin National Geographic. Said ist Ingenieur bei Vaisala, einem finnischen Unternehmen für Messtechnik. Am vergangenen Samstag detektierten die Meteorologen 48 Blitze. Zudem handelt es sich bei diesen, wie der US-Wetterdienst in einer Erklärung schreibt, um einige der "nördlichsten Blitzeinschläge seit Beginn der Aufzeichnungen".

Um zu verstehen, warum Blitze am Nordpol derart selten sind, muss man wissen, wie ein Gewitter üblicherweise entsteht: Treffen kalte und trockene Luftmassen auf feuchtwarme Luft, kommt es zu einer starken Wolkenbildung. Dies führt zu einer atmosphärischen Instabilität, die sich vereinfacht gesagt in Blitzschlägen entlädt. An warmen Luftmassen mangelt es rund um den Nordpol jedoch für gewöhnlich, da diese durch die riesigen Mengen an Eis gekühlt werden. Daher gibt es am Nordpol so gut wie nie Gewitter. Forschern zufolge könnten die auffallend vielen Blitze mit der Erderwärmung in Verbindung stehen. Heiße Saharawinde haben die Arktis in diesem Jahr stärker erwärmt als in den vergangenen Jahren, wodurch besonders viel Eis geschmolzen ist und sich vermehrt warme Luftmassen bildeten. Waren die arktischen Gewässer früher selbst während der Sommermonate zugefroren, so gab es in diesem Jahr einige komplett eisfreie Meeresbereiche. Auch die großflächigen Waldbrände in Sibirien - insgesamt sollen mehr als drei Millionen Hektar Wald den Flammen zum Opfer gefallen sein - könnten zu dem Effekt beigetragen haben, vermuten Wissenschaftler.

Wer sich nun fragt, wie das Ganze von Alaska aus überwacht werden kann, Tausende Kilometer vom Nordpol entfernt: Möglich macht es das "GLD360", ein Netzwerk aus GPS-Empfängern. Diese Sensoren sind so sensibel, dass sie Blitze in bis zu 9600 Kilometer Entfernung wahrnehmen können.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4565996
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 19.08.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.