Süddeutsche Zeitung

Youtube-Chefin Susan Wojcicki:Die Frau, wegen der die Welt "googelt"

Lesezeit: 3 min

Susan Wojcicki vermietete einst ihre Garage an die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin. Sie wurde die 16. Mitarbeiterin des Unternehmens und prägte sogar den Wortschatz. Jetzt verlässt sie den Konzern.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es war im Jahr 1998, zwei Doktoranden der Stanford University hatten eine Internet-Suchmaschine entwickelt, an der sie in getrennten Zimmern im Wohnheim arbeiteten. Das fanden sie wenig prickelnd, genau wie den Namen für ihr Projekt ("Backrub"). Schon damals gab es den Mythos, dass Tech-Firmen in einer Garage im Silicon Valley gegründet werden - was häufig einfach damit zu hat, dass die Mieten in der Gegend horrend sind. "Heute ist es noch viel schlimmer, aber es war damals auch schon außerordentlich", sagte Susan Wojcicki vor ein paar Jahren auf der Tech-Konferenz "Dreamforce" in San Francisco.

Sie hatte 1998 ein Haus in Menlo Park, sie hatte eine Garage und sie brauchte Geld - also vermietete sie für 1700 Dollar im Monat diese Garage an Larry Page und Sergey Brin und deren Firma, die im September 1998 bereits Google hieß. Wojcicki wurde Mitarbeiterin Nummer 16 des Unternehmens, das mittlerweile Alphabet heißt und mit 1,2 Billionen Dollar an der Börse bewertet ist. Das Vermögen von Wojcicki wird auf 765 Millionen Dollar geschätzt.

Nun, nach all der Zeit, im Alter von 54 Jahren, hört die Chefin von Googles Videoportal Youtube auf: "Es ist an der Zeit, ein neues Kapitel zu beginnen, bei dem ich mich auf meine Familie, Gesundheit und Projekte konzentriere, die mir persönlich wichtig sind." Wie glücklich muss ein Mensch sein, der so was sagen kann.

"Die mächtigste Frau im Internet"

Es reicht freilich nicht, visionären Gründern eine Garage zur Verfügung zu stellen, um so eine Karriere hinzulegen, wie es Wojcicki getan hat. Sie ist vielmehr selbst eine Visionärin. Sie war die erste Marketing-Managerin von Google, sie ist verantwortlich dafür, dass der Begriff "googeln" so ziemlich alles umschreibt, was mit Internetsuche zu tun hat - und sie leitete das Internet-Anzeigengeschäft, auf dem letztlich der wahnwitzige Erfolg des Konzerns basierte. Sie war eine der ersten, die das Potenzial von Videos im Internet nicht nur erkannte, sondern die Zusammenhänge zwischen der Suchmaschine, Internet-Videos und Anzeigen verstand. Sie schlug vor, dass Google unbedingt Youtube kaufen sollte. Das passierte im Jahr 2006, für 1,65 Milliarden Dollar. Viel Geld damals, heute sind solche Übernahmen zigfach teurer.

Im Februar 2014 wurde sie Chefin von Youtube. Das Magazin Time nannte sie "die mächtigste Frau im Internet" und nahm sie 2015 in die Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt auf. Unter ihrer Aufsicht startete die Alphabet-Tochter Youtube TV ein erfolgreiches Konkurrenzprodukt zum amerikanischen Kabelfernsehen. Kürzlich sicherte sich Youtube TV für zwei Milliarden Dollar pro Saison Teilrechte an der Footballliga NFL. Die Youtube-Werbeeinnahmen im Jahr 2022 lagen bei 29,2 Milliarden Dollar, mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes von Alphabet.

Sie stammt aus einer erfolgreichen Familie des Silicon Valley

Jedoch hatte Youtube zuletzt mit Kontroversen (was kann auf der Plattform gezeigt werden?), Konkurrenz (vor allem von der chinesischen Plattform Tiktok) und stagnierenden Werbeerlösen zu kämpfen. Darum muss sich nun Wojcickis Nachfolger Neil Mohan kümmern.

Wojcicki ist ein Kind des Silicon Valley. Sie kam 1968 dort zur Welt. Ihr Vater war Leiter der Physik-Fakultät der Stanford University. Die Mutter war Journalistin und Lehrerin, an der Palo Alto High School war sie die Mentorin von Lisa, der Tochter von Apple-Gründer Steve Jobs. Wojcickis Schwester Janet ist Anthropologin, Anne ist Gründerin und Chefin eines Biotechkonzerns.

Wojcicki hat mit Ehemann Dennis Troper, ebenfalls Manager bei Alphabet, fünf Kinder. Sie setzt sich seit Jahren dafür ein, in den USA bezahlte Elternzeit einzuführen. Das dürfte eines der Projekte sein, auf die sie sich künftig konzentrieren will. Der andere Punkt: ihre Gesundheit. Es hatte einige Gerüchte gegeben im Silicon Valley, weil Wojcicki zuletzt weniger in der Öffentlichkeit präsent war. Auf Anfrage wollte sich das Unternehmen nie zur Gesundheit von Wojcicki äußern, dafür gibt es ein Statement der Google-Gründer Brin und Page: "Sie hat einen einzigartigen Platz in der Firmengeschichte. Sie hat einen unglaublichen Beitrag geleistet zu Produkten, die überall auf der Welt verwendet werden. Wir sind dankbar für alles, was sie in den vergangenen 25 Jahren getan hat."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5753130
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.