Süddeutsche Zeitung

Finanzbranche:Bonus weg wegen Whatsapp-Chat

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Bankmitarbeiter, die mit ihren Kunden per Messenger kommuniziert haben, müssen um ihr Geld bangen. Kommen ausgerechnet Vorstände glimpflich davon?

Von Meike Schreiber und Markus Zydra, Frankfurt

Eine Strafe, weil man den Nachrichtendienst Whatsapp genutzt hat? Daran denken vielleicht manche Eltern, mit Blick auf die Kommunikationsroutinen ihrer Kinder. Doch es waren die Aufsichtsbehörden der Finanzindustrie, die zahlreichen Großbanken hohe Geldbußen aufgebrummt haben, weil leitende Manager private Kanäle von Whatsapp oder Signal für geschäftlichen Austausch genutzt haben - obwohl dies verboten ist. Das ist vor allem deswegen untersagt, weil die Kommunikation sich dort schlechter speichern lässt.

Auch die Deutsche Bank war involviert. Sie musste insgesamt über 200 Millionen Dollar Strafe an die amerikanische Börsenaufsicht SEC und die Commodity Futures Trading Commission bezahlen, weil leitende Angestellte und sogar die Vorstandsetage selbst über die Messengerdienste geschäftliche Nachrichten gesendet hatten. Die Untersuchung der SEC richtete sich auch gegen zahlreiche US-Banken wie Goldman Sachs und Citigroup und die Schweizer Credit Suisse. Insgesamt bezahlten die Finanzinstitute zwei Milliarden Dollar Strafe, um den Fall ad acta zu legen.

Angesichts dieser Summe scheint es nur allzu verständlich, dass die fahrlässigen Personen nun selbst zur Kasse gebeten werden - damit die Aktionäre nicht allein auf dem Schaden sitzen bleiben müssen. Die britische Bank Barclays hat deshalb bereits 500 Millionen Pfund aus dem Bonuspool für die Mitarbeiter für 2022 gesperrt.

Kommt der Vorstand glimpflich davon?

Auch die Deutsche Bank wird deshalb für die in Frage kommenden Angestellten den Bonus kräftig kürzen, meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg diese Woche. In einigen Fällen würden den Angestellten sogar ein Beförderungstopp und andere disziplinarische Maßnahmen drohen. In offenbar vorauseilendem Gehorsam hatten sich die Vorstände der Deutschen Bank Anfang vergangenen Jahres schon mal bereiterklärt, je 75 000 Euro von ihrem Bonus abzugeben. Als Zeichen, wie es hieß, dass sie die Verantwortung übernähmen für die Vorgänge. Die Frage, ob die Vorstände nun auch noch um einen weiteren Teil ihres Bonus bangen müssen, der Aufsichtsrat vom Deutsche Bank-Vorstand wegen möglicher Pflichtverletzungen sogar Schadenersatz verlangen könnte, wollte das Geldhaus indes nicht kommentieren. Die Nutzung privater Chat-Dienste für geschäftliche Zwecke war im Konzern durchaus bis in die oberste Führungsebene verbreitet.

Die Vergehen sind unerklärlich, denn spätestens seit der Finanzkrise 2008 sind Kommunikationswege jenseits der "offiziellen Plattform" verboten. Um unsaubere Geschäfte zu verhindern, erinnert die Compliance-Abteilung - welche darüber wacht, dass Regeln eingehalten werden - regelmäßig daran, keine privaten Handys oder Nachrichtendienste für Berufliches zu nutzen. Wer es doch einmal tut, muss zumindest sofort sicherstellen, dass der Austausch gespeichert bleibt. Während der Pandemie, als viele Banker im Home-Office arbeiteten, scheint indes Schlendrian eingezogen zu sein.

Den Behörden ging es dabei vor allem um Wertpapierhändler, die Whatsapp oder Signal verwendet haben, um sich mit Kunden über Anlagethemen oder andere geschäftliche Dinge auszutauschen. Das Problem: Diese Dienste kann man so einstellen, dass Nachrichten nach einer bestimmten Zeit automatisch gelöscht werden. Und wer kann dann später noch nachverfolgen, ob Banken sich unerlaubt absprechen? Die Skandale um die Manipulation von Zinssätzen wie dem Libor konnten beispielsweise nur deshalb teilweise aufgeklärt werden, weil die Aufseher Zugriff auf Messenger-Dienste der Händler bekamen.

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