Süddeutsche Zeitung

US-Staatsanleihen:Trump droht sein liebstes Drohmittel zu verlieren

Lesezeit: 2 min

Von Cerstin Gammelin, Berlin

US-Präsident Donald Trump hat in seiner Amtszeit bisher nicht gezögert, Verbündete und Handelspartner vor den Kopf zu stoßen. Er hat Verträge gekündigt, Allianzen aufgebrochen, Fakten verdreht - um Deals zu schließen, bei denen es nur einen Gewinner geben soll: die USA.

Die Gegenreaktionen der Betroffenen haben Trump bislang nicht bremsen können. Doch das kann sich nun ändern: Die ausländischen Gläubiger der USA schicken sich an, Washington den Geldhahn zuzudrehen. Sie reduzieren ihre Bestände an US-Bonds, legen Geldreserven in Gold an und versuchen, Geschäfte in alternativen Währungen wie Euro oder Yuan abzuwickeln anstatt in Dollar. All diese Maßnahmen laufen darauf hinaus, sich von der Gnade des US-Präsidenten unabhängig zu machen. Zugleich weisen sie Trump in die Schranken, indem sie die Vorherrschaft des Dollar-basierten Finanzsystems angreifen, das Trump als Waffe nutzt.

Aktuelle Zahlen des US-Finanzministeriums belegen, dass Russland einen großen Teil seiner amerikanischen Staatsanleihen abgestoßen hat. Nach Informationen der Welt hat Moskau im Mai diesen Jahres 69 Prozent seiner amerikanischen Staatsanleihen verkauft. Zuvor seien bereits im April die Bestände an US-Bonds halbiert worden. Damit hat Russland innerhalb von zwei Monaten amerikanische Papiere im Wert von mehr als 81 Milliarden US-Dollar verkauft.

Analysten und Finanzexperten gehen davon aus, dass die Verkäufe politisch motiviert sind. Russland wolle sich unabhängiger vom Dollar machen und seine Devisenreserven alternativ anlegen. Die Verkäufe fallen zeitlich zusammen mit den im April von Washington unerwartet verhängten Sanktionen gegen den russischen Aluminiumkonzern Rusal. Der Konzern musste erfahren, dass er dadurch keine Zinsen mehr auf seine Dollar-Anleihen leisten konnte. Für die russische Führung in Moskau wiederum wurde klar, dass die Abhängigkeit von einem unsteten US-Präsidenten gravierende ökonomische Folgen haben kann.

Der Iran-Konflikt zeigt, wie die USA das weltweite Zahlungssystem politisch missbrauchen

Auch China und die Europäer denken darüber nach, sich unabhängiger vom Dollar und damit von Trumps Zöllen und Sanktionen zu machen. An der Börse in Shanghai werden die Ölgeschäfte bereits in Yuan gehandelt. An den US-Anleihen hält Peking zwar noch fest. Analysten gehen allerdings davon aus, dass sie Trump damit unter Druck setzen wollen. China hält fast ein Fünftel aller von Ausländern gehaltenen US-Staatsanleihen. Der US-Präsident werde sich "sehr gut überlegen", ob er es riskiere, dass Peking diese Titel abstoße. Sollte der Bondmarkt mit US-Anleihen überschwemmt werden, stiegen die Refinanzierungskosten der US-Staatsschuld, heißt es auch in Europa. Trump wäre gezwungen, über steuerliche Maßnahmen gegenzusteuern, was wiederum den wirtschaftlichen US-Aufschwung abbremsen könnte.

Noch ist der Euro keine wirkliche Alternative zur Dollar-Dominanz. Der Anteil Amerikas an den weltweiten Devisenreserven liegt noch immer bei 62 Prozent. der Euro nur bei 20 Prozent. Das kann sich ändern, wenn große Länder wie China und Russland ihre Bestände verändern und stärker auf alternative Währungen setzen. Die Europäer könnten das fördern, indem sie etwa darauf dringen, mehr Öl- und Gasgeschäfte mit Russland in Euro abzuwickeln. Bereits begonnen hat auch eine verstärkte Zusammenarbeit mit China: Der "europäisch-chinesische Finanzdialog" soll unter anderem dazu führen, die Finanzgeschäfte mit Fernost zu intensivieren.

Nicht zuletzt zeigt auch das US-amerikanische Auftreten im Iran-Konflikt, wie Washington das weltweite Zahlungssystem politisch missbraucht. Die Androhung von Sanktionen gegen alle Banken und Unternehmen, die mit Iran Geschäfte machen, ist deshalb so wirkungsvoll, weil Washington jederzeit den Stecker ziehen und jegliche Finanz- und Zahlungsströme unterbinden kann. Das ist auch der Grund dafür, dass Teheran jetzt 300 Millionen Euro bar aus Deutschland nach Iran transportieren will. Die USA haben bereits protestiert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4061854
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.