Süddeutsche Zeitung

US-Präsident:Trumps Politik ist Gift für die Jungen

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Der Präsident wirtschaftet so wie einst der Geschäftsmann Trump - auf Pump. Die nachfolgenden Generationen werden darunter leiden - und China wird profitieren.

Kommentar von Claus Hulverscheidt

Es gibt Menschen, die Zeit ihres Lebens nicht in der Gegenwart ankommen. Sie trauern der Vergangenheit nach oder hoffen so sehr auf die Zukunft, dass ihnen der Zauber des Moments entgeht. Der Geschäftsmann Donald Trump war nie so ein Mensch, er lebte stets im Hier und Jetzt. Sah er einen guten Deal, griff er zu. Gefiel ihm eine Frau, sprach er sie an. Und bot man ihm nur eine Minute öffentlicher Aufmerksamkeit, schlug er ein - auch wenn sein Ruf litt. So war der Unternehmer. Und so ist auch der Politiker.

Den Präsidenten Trump schert weder Künftiges noch Vergangenes, was er will, ist maximale Bestätigung - und zwar sofort. Das belegen seine jüngsten Projekte, die Steuerreform, das Infrastrukturpaket und die Ausweitung des Militäretats, die er durchsetzte, obwohl ihm eigentlich das Geld dafür fehlte. Seine Popularitätswerte sind seither leicht im Aufwind, insofern waren alle drei Initiativen für ihn persönlich Erfolge. Für das Land hingegen könnte sich der Cocktail noch als hochgiftig erweisen, wirtschaftlich wie politisch.

Trumps Kurs nämlich wird die Staatsschuld in den nächsten Jahren regelrecht explodieren lassen. Schon heute sitzen die USA auf einem Kreditberg von unfassbaren 20 Billionen Dollar - und selbst die Schönfärber im Weißen Haus gehen davon aus, dass dieser Berg bis 2027 um weitere sieben Billionen Dollar anwachsen wird. Unabhängige Fachleute rechnen eher mit zehn Billionen. Das heißt nicht, dass es falsch wäre, Steuern zu senken oder Straßen zu sanieren. Statt aber seine Programme solide zu finanzieren, etwa durch höhere Abgaben für Ultrareiche, wirtschaftet Präsident Trump so wie einst der Geschäftsmann Trump - auf Pump.

Die langfristigen Folgen sind absehbar: Um Abnehmer für immer mehr Staatsanleihen zu finden, wird die Regierung deutlich höhere Zinsen bieten müssen als zuletzt. Verstärkt wird der Effekt durch die Inflation, die Trump mit seiner Schuldenpolitik noch zusätzlich befeuert und für die Kapitalanleger ebenfalls einen Ausgleich verlangen werden. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, was ein kleiner Anstieg der US-Zinslast von durchschnittlich zwei auf drei Prozent an Mehrbelastung für den Staat bedeuten würde: 200 Milliarden Dollar. Pro Jahr. Das ist die Hälfte des deutschen Bundeshaushalts.

Damit nimmt Trump künftigen Generationen die Luft zum Atmen - jenen Nachkommenden, die ohnehin mit einer stagnierenden Erwerbsbevölkerung, steigenden Rentnerzahlen und all den anderen demografiebedingten Erschwernissen werden klar kommen müssen. Und das ist vermutlich noch nicht mal die schlimmste Folge. Politisch gesehen nämlich spielt der Präsident damit einem Land in die Hände, dessen Einfluss er mit Hilfe seiner "America first"-Politik und der Verhängung von Zöllen auf Stahl und Solaranlagen ja eigentlich eindämmen will: China.

Schon heute kommt jeder fünfte Dollar, den sich die USA im Ausland leihen, aus der Volksrepublik - insgesamt 1,2 Billionen. Das Geld stammt vor allem aus dem hohen Handelsüberschuss der Chinesen, den diese zum großen Teil wieder in den Vereinigten Staaten anlegen. Rein volkswirtschaftlich gesehen könnte man sagen: China leiht den USA Dollar, damit die USA weiter in China einkaufen können.

Jeder fünfte Dollar, den die USA im Ausland leihen, kommt aus China

Das verschafft den Machthabern in Peking ein ökonomisches Gewicht, das sie immer ungehemmter auch politisch nutzen. Ihr aggressives Auftreten im Territorialstreit um das Südchinesische Meer wäre ohne dieses Gewicht ebenso wenig denkbar wie die offene Ankündigung, die USA mittelfristig als Weltmacht Nummer eins abzulösen. Wie erpressbar die Amerikaner längst sind, zeigte sich, als die Pekinger Führung unlängst laut darüber nachdachte, künftig weniger US-Anleihen zu kaufen: Die Risikoaufschläge, die die Vereinigten Staaten Kapitalanlegern zahlen müssen, schossen umgehend in die Höhe.

In Washington wird gerne argumentiert, dass sich die Volksrepublik durch einen rapiden Abbau ihrer Dollarpositionen ökonomisch ins eigene Fleisch schneiden würde. Das stimmt. Aber wer weiß, ob Peking nicht bereit wäre, diesen Preis zu zahlen - und sei es nur, um die USA zu schwächen oder den Ausgang von Wahlen zu beeinflussen. Der Präsident aber macht bisher nicht den Eindruck, als hätte er diese Zusammenhänge begriffen. Im Gegenteil, er ist als Politiker geblieben, was er einst als Geschäftsmann selbst über sich gesagt hat: der "König der Schulden".

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Quelle:
SZ vom 22.02.2018
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