Süddeutsche Zeitung

Inflation:Vier von zehn Arbeitgebern wollen Gehälter stärker erhöhen als geplant

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Wegen der hohen Inflation geben Personalmanagerinnen und -manager in einer Umfrage an, ihren Mitarbeitern helfen zu wollen. Umkehrschluss: die anderen nicht.

Von Kathrin Werner

Würde man eine Umfrage unter den arbeitenden Menschen in Deutschland starten, wäre ein Ergebnis wohl ziemlich klar: Die Löhne müssen rauf. Wahrscheinlich würden alle Europäer das Gleiche antworten. Genauso wie die Amerikaner. Denn die Inflation trifft Menschen hart, die mit gar nicht oder kaum steigenden Gehältern ihre Gasrechnung bezahlen müssen oder im Supermarkt stehen und sehen, wie die Preise für die Dinge steigen, die sie nun einmal zum Leben brauchen.

Die Preise steigen weiter, die Inflationsrate lag im Mai bei 7,9 Prozent, es war der höchste Wert seit 1981. Wann die Gehälter nachziehen, ist jedoch weiter unklar. Viele Arbeitgeber zieren sich noch, vor allem mit Verweis auf eigene Zukunftssorgen. Eine Umfrage macht nun allerdings - leichte - Hoffnung: Vier von zehn Arbeitgebern planen, die Gehälter ihrer Mitarbeitenden stärker zu erhöhen als ursprünglich geplant, hat die Unternehmensberatung WTW herausgefunden, die während einer Personalmanagement-Konferenz 573 große und mittelständische Unternehmen aus ganz Europa befragte, darunter 62 aus Deutschland.

Im Umkehrschluss heißt das allerdings auch: Sechs von zehn Unternehmen planen keine schnelleren Lohnerhöhungen. Und das obwohl der seit mehr als einem Jahr anhaltende Inflationsschub die Realeinkommen der Beschäftigten stark belastet. Sie sanken im ersten Quartal um 1,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt meldete. Und das trotz ansehnlicher Lohnaufschläge: Der nominale Lohnanstieg gegenüber 2021 habe vier Prozent betragen. Doch die Inflation in den drei Monaten bis März lag bei 5,8 Prozent.

Einmal erhöhte Gehälter kann man schlecht wieder zurückdrehen

Die Umfrage von WTW zeigt, dass fast ein Drittel der befragten Arbeitgeber (31 Prozent) Maßnahmen planen, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten. Vier von zehn Unternehmen erhöhen die Gehälter stärker als ursprünglich budgetiert. Zudem priorisiert etwa jedes fünfte Unternehmen die Erhöhung von Gehältern von Mitarbeitenden mit niedrigerem Einkommen. Etwa ein Viertel sei bereit, für Fachkräfte mit besonders gefragten Kompetenzen höhere Gehälter zu zahlen. Bislang geben nur 14 Prozent der befragten Unternehmen an, die aktuellen Gehälter häufiger überprüfen zu wollen. In Unternehmen, die in Ländern mit einer notorisch hohen Inflation agieren, sei Letzteres bereits heute gelebte Praxis. "Hier wird die Grundvergütung meist in kürzeren Zyklen angepasst", erläutert Florian Frank, der bei der Unternehmensberatung für das Thema Vergütung zuständig ist.

Obwohl höhere Gehälter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern während der Inflation helfen würden, rät Frank nicht in jedem Fall dazu. "Erst einmal sollte jeder Aktivismus vermieden werden", sagt er. Der Grund: Noch sei unklar, wie sich die Preissteigerungen weiter entwickeln werden. Es sei aber so, dass man einmal gewährte Gehaltserhöhungen nicht wieder zurücknehmen könne. Und die Unternehmen litten schließlich selbst unter steigenden Preisen und Unsicherheiten wie dem Ukraine-Krieg. Daher seien etwa bei den Tarifabschlüsse der Chemie- und der Bankenbranche nur recht moderate Gehaltsanpassungen und dazu Einmalzahlungen vereinbart worden. "Diese Kombination bietet sich auch im außertariflichen Bereich an, um vor einer gründlicheren Anpassung des Vergütungssystems besser abschätzen zu können, wie sich die Lage entwickelt."

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