Süddeutsche Zeitung

Textilindustrie:Immer mehr Modefirmen verzichten auf giftige Chemie

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Von Janis Beenen, München

Die Modeindustrie wird sauberer. Immer mehr Produzenten reduzieren den Einsatz gefährlicher Chemikalien. Zwar werden vor allem in Entwicklungsländern immer noch zu viele schädliche Stoffe in Flüsse, Seen und damit oft ins Trinkwasser abgeleitet. Doch viele Hersteller haben das Problem offenbar erkannt. Das geht aus einem Report der Umweltaktivisten von Greenpeace hervor, der an diesem Donnerstag vorgestellt wird. Die Branche habe einen Wendepunkt überschritten, heißt es. Die Firmen seien bereit, Verantwortung für ihre Produktionskette zu übernehmen.

Dass ausgerechnet die Naturschutzorganisation die Modeindustrie lobt, hat Seltenheitswert. Sogar Klamottenläden für den Massenkonsum wie H&M oder Zara hebt Greenpeace hervor. Mit inzwischen 78 anderen Textilkonzernen wollen sie problematische Chemikalien aus der Produktion verbannen und transparentere Lieferketten schaffen. Zusammen erwirtschaften die Firmen immerhin 15 Prozent des Umsatzes der globalen Textilindustrie, heißt es in dem Report. Auf dem deutschen Markt hätten sie sogar einen Anteil von 30 Prozent.

Aus Liebe zur Natur kämpfen wohl die wenigsten Modekonzerne für eine saubere Herstellung. "Es gibt einen Trend zur Nachhaltigkeit", sagt Rudolf Voller. Er ist Professor an der Hochschule Niederrhein und beschäftigt sich mit den Geschäftsmodellen der Kleidungsfirmen. Lange war der Chemieeinsatz kein Thema. Seit sieben Jahren steige der öffentliche Druck auf die Unternehmen, sagt Voller. Damals startete Greenpeace die sogenannte Detox-Kampagne und machte auf Missstände aufmerksam. Weitere Initiativen folgten. Heute könnten sich die Firmen der Nachhaltigkeitsdebatte nicht mehr entziehen, sagt Voller. "Wird Umweltverschmutzung publik, ist das geschäftsschädigend."

Vielen dient die neue Reinlichkeit auch für ihr Marketing. Besonders im Outdoorbereich wird nachhaltige Produktion zum Verkaufsargument für den Handel, berichtet Voller. Da neue wasserabweisende Technologien entwickelt werden, können sie nach und nach auf gesundheitsgefährdende Chemikalien verzichten. Es geht vor allem darum, ohne PFC auszukommen. Die Stoffe können von Kläranlagen nicht abgebaut werden. Drei Outdoormarken arbeiten am gänzlichen Verzicht. Greenpeace sieht darin den Beweis: Ausreden, dass eine umweltschonende Produktion unerfüllbar und unrealistisch ist, gibt es nicht mehr.

Die Entwicklung der vergangenen Jahre basiert vor allem auf Selbstverpflichtungen der Konzerne. Einige Länder regulieren auch strenger, welche Chemikalien eingesetzt werden. Doch das bleibt oft hinter den selbstgesetzten Zielen zurück. Daher fordert Greenpeace die Gesetzgeber auf, nun entsprechend nachzubessern. Mal sehen, ob den Händlern die Freiwilligkeit nicht besser gefällt. Janis Beenen

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Quelle:
SZ vom 12.07.2018
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