Süddeutsche Zeitung

Studie:Deutsche Kraftwerke gehören zu den schädlichsten in ganz Europa

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Von Jan Schmidbauer und Vivien Timmler

Auf Braunkohle-Kraftwerke ist Verlass: Unermüdlich können diese Kraftwerke Strom erzeugen. Kilowattstunde um Kilowattstunde, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Höchstens für eine Revision müssen sie mal vom Netz. Trotz der Energiewende sind noch immer viele Kraftwerke dieser Art in Betrieb - und das, obwohl sie gemessen am Kohlendioxid-Ausstoß die schädlichsten Kraftwerke sind.

Neue Daten zeigen: Die deutschen Braunkohlekraftwerke gehören sogar zu jenen mit dem höchsten CO2-Ausstoß in der gesamten EU. Vier der fünf Kraftwerke mit der höchsten Emission stehen auf deutschem Boden, wie eine Analyse der britischen Klimaschutzorganisation Sandberg zeigt, die auf Daten der EU-Kommission basiert.

Drei von ihnen werden vom Energiekonzern RWE betrieben und befinden sich in Nordrhein-Westfalen: Neurath, das Kraftwerk mit dem zweithöchsten Ausstoß, Niederaußem, Platz drei im Negativ-Ranking und Weisweiler mit dem fünfthöchstem Ausstoß. Platz vier im Negativ-Ranking entfällt auf das Kraftwerk im brandenburgischen Jänschwalde. Betrieben wird es vom Energiekonzern Vattenfall.

Braunkohle verhagelt die CO2-Bilanz

Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das den Zubau von Windkraft und Solaranlagen fördert, ist der Anteil an Windkraft, Solaranlagen & Co in Deutschland zwar auf über ein Viertel gestiegen. Das senkt den CO2-Ausstoß. Doch die Braunkohle-Kraftwerke haben die positive Bilanz in den letzten Jahren wieder verhagelt.

Dass sie noch immer am Netz sind, liegt vor allem daran, dass sie so billigen Strom produzieren. Die Brennstoffkosten sind deutlich niedriger als beispielsweise die eines klimafreundlicheren Gaskraftwerkes. Weil die Energieversorger am Markt immer weniger Geld für große Strommengen bekommen, ist es für sie nicht mehr rentabel, die modernen Kraftwerke laufen zu lassen. Die Braunkohle-Kraftwerke warfen in der Vergangenheit aber noch Geld ab.

Kraftwerke werden stillgelegt - Energieversorger bekommen Entschädigungen

Um Braunkohle-Kraftwerke unrentabel zu machen und damit den CO2-Ausstoß zu verringern, war lange eine Klimaabgabe für diese Kraftwerke im Gespräch. Diese wurde jedoch nach hitzigen Debatten zwischen Energieversorgen und Politik verworfen. Stattdessen beschloss das Kabinett im vergangenen Herbst, eine sogenannte Reserve für die Braunkohle einzurichten. Die Kraftwerke werden für den Stillstand bezahlt, dienen aber als Rückhalt für Engpässe in der Stromversorgung.

Die Kunden zahlen die Maßnahme über die Netzengelte mit. 1,6 Milliarden Euro soll die Reserve kosten. Zwischen 2016 und 2019 sollen insgesamt acht Kraftwerksblöcke in diese sogenannte "Sicherungsbereitschaft" übergehen, darunter Anlagen von RWE, Vattenfall und Mibrag. Konkurrenten, beispielsweise Stadtwerke, waren nach der Entscheidung verärgert. Sie investierten in teure Gaskraftwerke, die noch immer unrentabel sind. Um rentabel zu arbeiten, müssen sie am Markt gut 60 Euro je Megawattstunde erlösen. Der Preis an der Strombörse liegt aber oft weit darunter.

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