Süddeutsche Zeitung

Steuerflucht:Druck auf Steueroase Luxemburg steigt

Lesezeit: 2 min

Von Bastian Brinkmann und Javier Cáceres, Brüssel

Europäische Kommission will Ermittlungen verschärfen

Die Luxemburger Finanzbeamten könnten den Internethändler Amazon und eine Finanztochter des Autobauers Fiat bevorzugt haben, indem sie ihnen großzügige Steuerrabatte einräumten. Deswegen ermittelt die Europäische Kommission bereits. Nun kündigt die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager an, diese Verfahren zu "intensivieren". Sie ist wie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erst seit kurzem im Amt. "Die Enthüllungen erhöhen den Druck, politisch zu handeln", sagte Vestager der dänischen Tageszeitung Politiken.

Gipfel-Gastgeber Australien will Luxemburg-Leaks nutzen

Die großen Staaten sollen die Dokumente des Luxemburg-Leaks auswerten, um gegen Konzerntricks vorzugehen - das schlägt Australiens höchster Steuerbeamter vor. Er habe den Partnerländern geschrieben und sie eingeladen, die Unterlagen gemeinsam zu untersuchen, sagte Chris Jordan der Australian Financial Review. Er wolle so die Risiken in den Steuergesetzen erkennen und prüfen, ob es Möglichkeiten für Reformen gibt. Außerdem drohte er den betroffenen Konzernen mit einer Steuerprüfung, sollten die Firmenstrukturen in den bisher geheimen Dokumenten von denen abweichen, die den australischen Behörden mitgeteilt wurden.

In Australien findet nächste Woche ein wichtiger Gipfel statt. Die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) will nächste Schritte im Kampf gegen die Steuervermeidung durch Konzerne besprechen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickelt derzeit einen entsprechenden Aktionsplan, der 2015 finalisiert werden soll. Dass Luxemburger Behörden Steuersparmodelle für Konzerne genehmigen, nennt der Leiter der Steuer-Abteilung der OECD "wenig überraschend". Diese Praktiken anzusprechen, sei Teil seines Plans gegen aggressive Steuerplanung, sagte Pascal Saint-Amans der französischen Zeitung Le Monde. Künftig sollen Länder wie Luxemburg andere betroffene Staaten informieren, bevor sie einem Konzern eine Konstruktion erlauben, schlägt die OECD vor.

Frankreich will "weltweiten Kampf" gegen Steuerflucht

Europäische Finanzminister, die sich gerade in Brüssel treffen, kritisierten Luxemburg scharf. "Wenn die Berichte zutreffen, wurden internationale Standards nicht erfüllt", sagte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem aus den Niederlanden. "Wir haben hier noch Arbeit vor uns." Der französische Finanzminister Michel Sapin sagte, Steuervermeidung durch Konzerne sei heute "für niemanden mehr akzeptabel". Er forderte einen "weltweiten Kampf" gegen das Phänomen.

Luxemburgs Finanzminister ist "sehr unglücklich"

Die Regierung des Großherzogtums kritisierte die Medienberichte. "Wir sind sehr unglücklich" über die Veröffentlichung der Luxemburg-Leaks, sagte Finanzminister Pierre Gramegna am Donnerstag. "Das hätte vertraulich bleiben sollen." Er zeigte sich kooperativ. Dass ein Konzern wegen einer Konstruktion in Luxemburg weder im Großherzogtum noch im Ausland Steuern zahle, sei nicht in Ordnung. "Das ist keine befriedigende Situation", sagte er.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuvor von Luxemburg Reformen verlangt. "Wenn er sagt, dass wir mehr tun müssen, sage ich: Da hat er recht. Aber ich sage auch: Wir haben viel getan", erwiderte Finanzminister Gramegna.

Beraterfirma PwC verteidigt sich

Dass Konzerne möglichst viele Steuern vermeiden, ist nach Ansicht der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) nicht nur legal, sondern auch gängige Praxis in vielen Staaten. Manager seien gezwungen, "die Verpflichtungen ihres Unternehmens gegenüber dem Fiskus bestmöglich zu strukturieren", sagte der Chef der Luxemburger Niederlassung von PwC, Didier Mouget, am Donnerstag: "Sie haben gar keine Wahl, das schreiben die Gesetze ihnen vor." Luxemburg sei in Steuerfragen keine Ausnahme: "Wir reden über Aktivitäten, die täglich in einer Vielzahl europäischer Länder praktiziert werden." Es gebe "mindestens vier bis fünf Länder, die ebenso effektive Steuerstrategien anbieten". Er nannte etwa Irland, Großbritannien und die Niederlande.

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