Süddeutsche Zeitung

Vorstandsgehälter:Joe Kaeser bekommt fast 50 Prozent mehr Geld

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Von Caspar Busse, München

Joe Kaeser kann sich über deutlich mehr Geld freuen: Der Siemens-Chef bekommt für das abgelaufene Geschäftsjahr 14,25 Millionen Euro. Der 62-Jährige liegt damit weit über der Marke von zehn Millionen Euro, die in der öffentlichen Diskussion zuletzt als mögliche Obergrenze für Vorstandsgehälter gehandelt wurde. Im Vergleich zum Vorjahr bekommt Kaeser damit rund 48,5 Prozent mehr, zuvor waren es 9,6 Millionen Euro gewesen. Die Zahlen stehen im neuen Siemens-Geschäftsbericht für 2018/19, der an diesem Mittwoch veröffentlicht wurde. Das Siemens-Geschäftsjahr endet immer am 30. September.

Grund für den Gehaltssprung ist eine Umstellung der Bonusregeln bei Siemens. Danach bekommt ein Teil des Vorstands den Bonus für 2015 zusätzlich in diesem Jahr ausgezahlt. Ohne diesen Sondereffekt hätte Kaesers Gehalt auf Vorjahresniveau gelegen. Deutlich mehr erhalten aus diesem Grund auch Kaesers Vorstandskollegen Roland Busch, Lisa Davis, Klaus Helmrich und Ralf Thomas. Doch sie bleiben im Gegensatz zu Kaeser alle deutlich unter der Marke von zehn Millionen Euro. Die drei anderen Vorstandsmitglieder Janina Kugel, Cedrik Neike und Michael Sen waren 2015 noch nicht im Amt, sind von der Bonus-Umstellung nicht betroffen.

Siemens hatte 2010 die Frist für die Auszahlung von Boni von drei auf fünf Jahre verlängert, 2014 dann wieder auf vier Jahre verkürzt, weil dieser Zeitraum in der Industrie als üblich gilt. Dadurch gab es 2014 keinen Bonuszufluss, erläuterte ein Unternehmenssprecher, für das abgelaufene Jahr nun aber eine doppelte Zahlung, nämlich den Bonus für 2014 und für 2015, was zu dem Sprung führt. Insgesamt erhalten die acht Siemens-Vorstände für das abgelaufene Geschäftsjahr 55,4 Millionen Euro, gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 46 Prozent.

Joe Kaeser ist einer der am besten bezahlten Vorstandschefs in Deutschland. Im Geschäftsjahr 2018 hatten in den Dax-30-Unternehmen lediglich Oliver Bäte (Allianz) und Bill McDermott (SAP) zehn Millionen Euro oder mehr bekommen, Kaeser folgte knapp dahinter. Der ausgeschiedene Beiersdorf-Boss Stefan Heidenreich steht mit 23,5 Millionen Euro in der Liste, er hatte allerdings in 2018 den vereinbarten Bonus für sieben Jahre ausgezahlt bekommen. Das durchschnittliche Gehalt eines Dax-Chefs lag 2018 bei etwa 7,5 Millionen Euro, für 2019 liegen aus den anderen Unternehmen noch keine Zahlen vor.

Angesichts der Diskussionen um zu hohe Vorstandsgehälter hatte Volkswagen 2017 eine Deckelung verkündet, das sollte auch ein Symbol für eine neue Ära sein: Zehn Millionen Euro seien die Obergrenze für den Konzernchef, für die anderen Vorstandsmitglieder liegt sie bei 5,5 Millionen Euro. Aber bereits 2017 übertraf der damalige VW-Chef Matthias Müller das selbst gesteckte Ziel und bekam 10,14 Millionen Euro.

Siemens will das Vergütungs-System nun umstellen

Die Einkommen von Dax-Chefs - auch das von Kaeser - basieren in der Regel auf drei Komponenten: einem Fixgehalt (für Kaeser waren das zuletzt 2,2 Millionen Euro), dazu kommen kurz- sowie langfristige erfolgsabhängige, also variable Vergütungen. Siemens will das System nun umstellen, die Aktionäre auf der Hauptversammlung Anfang Februar 2020 sollen darüber abstimmen. Die langfristige Ausrichtung der Bezahlung soll wichtiger werden. Die Entwicklung der Siemens-Aktie, die für die Erfolgsmessung wichtig ist, wird künftig mit einem sehr breiten Industrie-Index verglichen. Damit wird es schwieriger für das Top-Management, den vollen Bonus zu erreichen. Die Vorstandsgehälter würden durch die Umstellung also nicht steigen, wird bei Siemens betont.

Joe Kaeser ist seit 2013 Vorstandsvorsitzender von Siemens, sein Vertrag läuft noch bis Anfang 2021. Der Aufsichtsrat hat gerade Roland Busch zu seinem Vize und damit zum potenziellen Nachfolger gemacht. Kaeser deutete jedoch zuletzt an, womöglich länger auf seinem Posten bleiben zu wollen. Siemens will 2020 die gesamte Energiesparte abspalten, die dann Kaesers Vorstandskollege Michael Sen führen wird. Dadurch verliert der Konzern erheblich an Umsatzvolumen und die internen Prozesse verändern sich. "Ich würde die Firma nie in Unordnung zurücklassen", sagte Kaeser vor zwei Wochen.

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Quelle:
SZ vom 05.12.2019
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