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Siemens-Kandidat Reithofer:BMW-Boss schaut sich um

Lesezeit: 2 min

Von Caspar Busse, Christoph Giesen, München

Mit lukrativen Aufsichtsratsmandaten hat sich Norbert Reithofer, 58, bisher doch sehr zurück gehalten, ganz im Gegensatz zu einigen seiner Managerkollegen. So ist der gebürtige Bayer neben seinem Hauptjob als Vorstandsvorsitzender des Autoherstellers BMW derzeit nur Mitglied im Gesellschafterausschuss des Konsumgüterkonzerns Henkel.

Doch nun kommt möglicherweise ein zweiter Aufseherposten hinzu. Reithofer könnte Anfang kommenden Jahres in den Aufsichtsrat von Siemens einziehen. Insider bestätigen entsprechende Überlegungen. Auch das Manager-Magazin berichtet darüber. Siemens und BMW äußern sich nicht dazu.

Die Personalie wäre interessant, denn bei Siemens wird schon seit langem darüber spekuliert, wer als Aufsichtsratsvorsitzender in Betracht kommt, sollte Amtsinhaber Gerhard Cromme, 71, seinen Posten aufgeben. Dessen Mandat als Siemens-Chefaufseher läuft noch bis 2018. Der promovierte Jurist ist seit 2003 im Aufsichtsgremium von Siemens. Im Jahr 2013 musste er den Aufseherposten bei seinem Stammkonzern Thyssen-Krupp räumen.

Viele halten Reithofer für geeignet

Cromme ist umstritten: Beim unsanften Wechsel an der Siemens-Spitze in diesem Sommer machte er eine schlechte Figur, es gab heftige Kritik an seiner Amtsführung. Ein Nachfolger war bisher nicht in Sicht. Ginge es nach Cromme selbst würde er den Aufsichtsjob gern bis zum Schluss erfüllen. Doch was passiert danach? Im derzeitigen Aufsichtsrat ist kein Nachfolger zu erkennen. Werner Wenning, der ehemalige Bayer-Chef, hätte das Zeug, aber er ist selbst schon 68 Jahre alt, außerdem ist der Pensionär neben seinem Siemens-Engagement als Chefkontrolleur von Bayer und Eon sehr gut ausgelastet.

Reithofer könnte also ein potenzieller Nachfolger sein. Noch ist es nicht soweit, aber viele halten den stets kontrolliert und jovial auftretenden BMW-Chef durchaus als obersten Siemens-Kontrolleur geeignet. Reithofer verfügt über die nötige internationale Erfahrung, bei vielen Arbeitnehmervertretern gilt er sogar als "Wunschkandidat".

Doch will er auch? Reithofer strebe derzeit keinen Vorsitz im Aufsichtsrat von Siemens an, berichten Insider. Dies passe momentan "nicht in seine Lebensplanung". Die sieht offenbar vor, weiter die Geschicke von BMW zu lenken. Seine Amtszeit als Vorstandsvorsitzender läuft aktuell noch bis 2016.

Reithofer wäre 2018 frei

Bei dem Autokonzern ist es üblich, dass Topmanager mit dem 60. Lebensjahr ausscheiden. Seit einigen Jahren gibt es aber die Möglichkeit, dass sie nach dem Erreichen der Altersgrenze weitermachen, in der Regel bis zum 62. Lebensjahr. Die Entscheidung trifft der BMW-Aufsichtsrat individuell für jedes Vorstandsmitglied. Reithofer hat das Vertrauen vor allem der Familie Quandt, die ein großes Aktienpaket von BMW hält.

Erst im September hatte Finanzvorstand Friedrich Eichiner, 59, seinen Vertrag bis 2017 verlängert bekommen. Sollte Reithofers bis 2016 laufender Vorstandsvertrag um zwei Jahre verlängert werden, wäre er 2018 frei - just also dann, wenn Crommes Amtszeit bei Siemens endet.

Von Januar 2015 an hätte Reithofer dann drei Jahre Zeit, sich in die Machtverhältnisse des Industriekonzerns einzuarbeiten. Diese Lernphase hat Nathalie von Siemens, 43, schon seit Jahren abgeschlossen, sie kennt sich aus. Dem Vernehmen nach soll sie ebenfalls in den Aufsichtsrat einziehen. Die Ururenkelin des Unternehmensgründers Werner von Siemens wäre als Familienvertreterin die Nachrückerin für Gerd von Brandenstein, 72.

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Quelle:
SZ vom 21.11.2014
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