Süddeutsche Zeitung

Softwareindustrie:Die Krise erreicht SAP

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Der Technologiekonzern streicht 3000 Jobs und macht weniger Gewinn. Chef Christian Klein hofft, dass es bald wieder aufwärtsgeht.

Nach einem deutlichen Gewinnrückgang will SAP erstmals seit 2019 wieder Stellen abbauen. Europas größtes Softwarehaus kündigte am Donnerstag die Streichung von 3000 Jobs, davon 200 in Deutschland, an und reiht sich damit in die Riege der amerikanischen Technologiekonzerne wie Meta, Amazon, Microsoft oder Salesforce ein, die alle deutlich Kosten reduzieren. Der Stellenabbau betreffe etwa 2,5 Prozent der Belegschaft und sei Teil einer Konzentration auf das Kerngeschäft, sagte Vorstandschef Christian Klein. Außerdem will SAP seine Mehrheitsbeteiligung an der Datenanalyse-Firma Qualtrics verkaufen.

Die Kosten für den Stellenabbau schätzt SAP-Finanzchef Luka Mucic auf 250 bis 300 Millionen Euro. Die Einsparungen lägen 2024 voraussichtlich bei 300 bis 350 Millionen Euro. Anders als 2019 konzentriere sich der Stellenabbau diesmal auf bestimmte Geschäftsbereiche, betonte Mucic. Daher gebe es auch keine Vorruhestandsangebote. Die Einsparungen erlaubten SAP, verstärkt in Kernbereiche zu investieren, fügte Firmenchef Klein hinzu. "Wir müssen über 2023 hinausschauen." So gehe beispielsweise die Inflation auch an SAP nicht spurlos vorbei.

Das Cloud-Geschäft bringt Geld

Belastet vom Rückzug aus Russland und höheren Ausgaben für Forschung und Entwicklung fiel das Betriebsergebnis 2022 währungsbereinigt um sieben Prozent auf acht Milliarden Euro, wie SAP weiter mitteilte. Der Nettogewinn ging sogar um 39 Prozent auf 4,08 Euro je Aktie zurück. Hier habe das schwächere Finanzergebnis der Wagniskapital-Sparte Sapphire Ventures zusätzlich belastet. Das zukunftsträchtige Cloud-Geschäft wuchs dagegen erneut kräftig. Hier stiegen die Umsätze 2022 währungsbereinigt um 24 Prozent auf 12,56 Milliarden Euro. Die Konzern-Erlöse legten um fünf Prozent auf 30,87 Milliarden Euro zu. Für das laufende Jahr stellte Klein einen währungsbereinigten Anstieg der Cloud-Umsätze um 22 bis 25 Prozent auf 15,3 bis 15,7 Milliarden Euro in Aussicht. Beim operativen Gewinn des Konzerns sei ein Plus von zehn bis 13 Prozent auf 8,8 bis 9,1 Milliarden Euro zu erwarten.

"Wir sind zu Beginn des Jahres 2023 sehr zuversichtlich, dass wir unser Versprechen, ein beschleunigtes Umsatzwachstum und ein zweistelliges Wachstum beim Betriebsergebnis zu erreichen, einhalten werden", sagte Klein. Der Anteil der besser planbaren Umsätze werde auf 83 Prozent steigen. Im abgelaufenen Jahr war er um vier Prozentpunkte auf 79 Prozent gewachsen. Bei den Geschäftszahlen und dem Ausblick überwiegen die Enttäuschungen, monierte Analyst Charles Brennan. Er verwies darauf, dass die Gewinnziele trotz der Einsparungen unverändert seien. Die Aktien des Walldorfer Konzerns rutschten mit einem Minus von 3,5 Prozent ans Ende des Leitindex Dax.

SAP will sich gut vier Jahre nach der Übernahme wieder von der Datenanalyse-Firma Qualtrics trennen. Der Walldorfer Konzern hatte das US-Unternehmen 2018 für acht Milliarden Dollar erworben und 2021 an die Börse gebracht. Angestrebt werde ein Verkauf der kompletten Beteiligung von derzeit etwa 71 Prozent, sagte Finanzchef Mucic. Allerdings befinde sich der Prozess noch in einem sehr frühen Stadium. Der Börsenwert von Qualtrics ist, ähnlich wie andere Technologiewerte, in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als die Hälfte auf derzeit etwa sieben Milliarden Dollar geschrumpft. "Wir sehen gutes Interesse und sind zuversichtlich, einen guten Preis zu erzielen", sagte Klein. Die Entscheidung für einen Verkauf sei erst jetzt gefallen, weil die Verzahnung der Software des Datenanalyse-Spezialisten mit den SAP-Produkten zuvor noch nicht abgeschlossen gewesen sei. SAP wolle aber auch künftig an der Partnerschaft mit Qualtrics festhalten.

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SZ/Reuters
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