Süddeutsche Zeitung

Quelle:Online-GAU beim Ausverkauf

Lesezeit: 2 min

Der größte Ausverkauf verkommt zum größten Reinfall: Unter www.quelle.de geht zeitweise nichts mehr, Schnäppchenjäger zwingen die schon nachgerüsteten Quelle-Server in die Knie.

Alles hätte so einfach gehen sollen: Ein paar Klicks unter www.quelle.de, vielleicht ein Paar Winterstiefel und eine gut gefütterte Jacke ordern, die Bestellung - abgelegt im imaginären Einkaufskorb - bestätigen, und sich anschließend freuen: Hah! Ordentlich Prozente gespart!

Doch die als größter Ausverkauf der Geschichte des deutschen Einzelhandels beworbene "Hau-raus-Aktion" verkommt schon unmittelbar nach dem Start am Sonntagmorgen um sechs Uhr zum echten Rohrkrepierer - und zum größten anzunehmenden Unfall (GAU) für das liquidierte Versandhaus Quelle.

Denn statt "Vielen Dank, wir haben Ihre Bestellung erhalten", konnten Schnäppchenjäger - wenn überhaupt - dann nur Meldungen wie "Fehler: Netzwerküberschreitung" lesen. Die Kaufwut der Schnäppchenjäger zwang die Online-Seite des Versandhauses Quelle ( www.quelle.de) einfach in die Knie. Die extra nachgerüsteten Computersysteme waren einfach völlig überlastet.

Fehlstart par excellence

Damit hat die möglicherweise größte Ausverkaufsaktion der Geschichte des deutschen Einzelhandels einen Fehlstart par excellence hingelegt. Quelle wollte rund 18 Millionen verbliebene Waren zunächst im Internet und dann auch in den Quelle-Shops mit Rabatt losschlagen. Von Preisnachlässen bis 30 Prozent auf Damen-, Herren- und Kindermode, Wäsche, Schmuck, Sportkleidung und Schuhe war die Rede gewesen. Möbel und Heimtextilien aus dem Herbst-/Winterkatalog sollten um 20 Prozent, technische Artikel um zehn Prozent günstiger verramscht werden.

Von der Verkaufsaktion - so der Plan - sollten eigentlich alle profitieren. Je mehr Waren noch Käufer finden, desto größer wird die Insolvenzmasse - was auch den Beschäftigten helfen würde. Der Quelle-Betriebsrat hofft, dass der Ausverkauf vielen Mitarbeitern bis Weihnachten den Job erhält. Der Betriebsratsvorsitzende Ernst Sindel sprach von 1600 Jobs, die so erhalten blieben.

Erst am Freitag hatten 2000 Quelle-Beschäftigte ihren letzten Arbeitstag erlebt. Viele verließen mit Groll und Enttäuschung das Unternehmen, in dem manche jahrzehntelang beschäftigt gewesen seien, so der Betriebsrat weiter.

Middelhoff teilt aus

Inzwischen hat sich auch der ehemalige Chef des Karstadt/Quelle-Mutterkonzerns Arcandor zu Wort gemeldet. Seiner Ansicht nach hätte die Quelle-Pleite abgewendet werden können, sagte Thomas Middelhoff der Bild am Sonntag." Das Ende von Quelle ist ein in höchstem Maß bedauerliches Ereignis - vor allem, weil es nicht unabänderlich war".

Seinen Nachfolgern in der Quelle-Chefetage wirft Middelhoff vor, Fusionsverhandlungen mit einem starken Partner nicht fortgeführt zu haben. "Als keine Staatshilfen kamen und das Planinsolvenzverfahren scheiterte, stand das Unternehmen ohne Alternative da. So rutschte es in eine ungeordnete Insolvenz", sagte Middelhoff.

Der ehemalige Bertelsmann-Chef führte Arcandor von 2004 bis Ende Februar 2009. Bei seinem Abgang sagte er noch, das Unternehmen sei gerettet und stehe auf einer tragfähigen Basis. Gut drei Monate später musste Arcandor Insolvenz anmelden.

"Wir haben mit der Lupe nach der Substanz in diesem Unternehmen gesucht, aber wir haben nichts Nennenswertes gefunden", sagte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg vor wenigen Wochen. Die Arcandor-Pleite führte Mitte Oktober dann zum Aus für das traditionsreiche Versandhaus Quelle.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.125590
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/dpa/AP/cmat
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.