Süddeutsche Zeitung

Private Krankenversicherung:Worauf muss ich bei Vertragsschluss achten?

Lesezeit: 3 Min.

Wer eine private Krankenversicherung abschließen möchte, hat deutlich mehr zu bedenken als bei einer gesetzlichen Kasse. Jedes Tarifdetail muss einzeln ausgewählt werden. Sonst ist der gewünschte Schutz womöglich doch nicht gegeben.

Von Marina Engler

Eine private Krankenversicherung (PKV) kann einige Vorteile bringen ( mehr dazu in diesem Ratgeber-Text), wie zum Beispiel die Finanzierung von Chefarztbehandlungen, Zahnersatz oder rezeptfreien Medikamenten. Damit diese Vorteile der PKV greifen, muss man die entsprechenden Klauseln im Vertrag festgelegt haben. Denn im Gegensatz zur gesetzlichen Versicherung bestimmt der Kunde die Konditionen bei der privaten Kasse selbst. Interessierte sollten sich zunächst überlegen, welche Leistungen sie in jedem Fall absichern wollen, und erst anschließend die Preise potenzieller Tarife miteinander vergleichen und den passendsten auswählen.

Eine Chefarztbehandlung ist beispielsweise nicht automatisch in jedem PKV-Tarif enthalten. Manche Leistungen, wie eine stationäre Psychotherapie oder häusliche Krankenpflege, die in der gesetzlichen Krankenversicherung zum Standard gehören, werden in der PKV sogar nur äußerst selten finanziert. "Wer sich für eine private Krankenversicherung interessiert, sollte daher vor dem Preisvergleich einen genauen Blick auf die Leistungen der einzelnen Versicherer werfen", rät Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW.

Folgende fünf Kategorien sind entscheidend:

  • Ambulant: Welche Vorsorgeuntersuchungen werden finanziert? Bis zu welcher Höhe werden Arzneimittel (rezeptpflichtig und -frei) bezahlt? Finanziert die Kasse alternative Heilmethoden, wie Akupunktur oder Naturheilkunde? Wenn ja, bis zu welcher Höhe? Bezahlt die Kasse Hilfsmittel, wie Brillen, Hörgeräte oder Prothesen? Gibt es eine Deckelung? Finanziert die Kasse Heilmittel, wie Krankengymnastik oder Massagen? Wenn ja, bis zu welcher Höhe?
  • Stationär: Besteht freie Krankenhauswahl (inklusive Privatkliniken)? Bis zu welcher Höhe werden Chefarztbehandlungen übernommen? (Stiftung Warentest empfiehlt den 3,5-fachen Satz der Gebührenordnung.) Ist ein Ein- oder Zweibettzimmer garantiert? Will ich einen Krankentagegeld-Tarif abschließen?
  • Zahnbehandlung: Bis zu welcher Höhe werden Zahnbehandlungen übernommen? (Auch hier empfiehlt Stiftung Warentest den 3,5-fachen Satz der Gebührenordnung.) Bis zu welcher Höhe finanziert die Kasse Zahnersatz? Gibt es eine Deckelung in den ersten Jahren nach Abschluss? Bis zu welcher Höhe und welchem Alter werden kieferorthopädische Maßnahmen finanziert?
  • Psychotherapie und Kur: Bezahlt die Kasse eine ausreichend hohe oder unbegrenzte Anzahl an psychologischen Therapiesitzungen? Finanziert die Kasse auch Sitzungen bei Psychotherapeuten oder ausschließlich bei Ärzten? Bezahlt die Kasse eine stationäre Therapie? Muss und will ich einen zusätzlichen Kur-Tarif abschließen?
  • Sonstiges: Wo und wie lange gilt die Versicherung im Ausland? In welcher Höhe und Situation werden Fahrtkosten erstattet oder Hin- und Rücktransporte organisiert? Gibt es weitere Wünsche, wie die Finanzierung von häuslicher Krankenpflege oder Gesundheitskursen?

Achtung: Eine Pflegeversicherung muss zusätzlich für jede Person abgeschlossen werden. Die Prämie richtet sich nach dem individuellen Risiko.

Sind die Leistungen festgelegt, lassen sich die Tarife einzelner Versicherer leichter miteinander vergleichen. Dafür sollte man aber nicht nur die reinen Monatsbeiträge, sondern auch den Selbstbehalt miteinbeziehen. Dieser legt fest, bis zu welcher Höhe die versicherte Person die Krankheitskosten jedes Jahr selbst bezahlen muss, bevor die Versicherung einspringt. Rechtsanwältin Weidenbach empfiehlt: "Multiplizieren Sie den monatlichen Beitrag mit 12 und addieren Sie den maximalen Selbstbehalt hinzu. Auf diese Weise lässt sich am besten vergleichen, wie hoch die jährlichen Versicherungskosten höchstens ausfallen."

Ob ein Selbstbehalt sinnvoll ist oder nicht, hängt von der eigenen Situation ab. Beamte sollten laut Stiftung Warentest auf einen Selbstbehalt verzichten, da sie kaum sparen können. Angestellte können einen Selbstbehalt wählen, sollten aber bedenken, dass sie diesen komplett bezahlen müssen, während der Monatsbeitrag zur Hälfte vom Arbeitgeber übernommen wird. Für Selbstständige kann ein hoher Selbstbehalt sinnvoll sein, da sie am meisten sparen können. Er sollte aber nicht mehr als 1000 Euro pro Jahr betragen, da der Versicherer diesen erhöhen darf.

Für einen ersten Überblick gibt es diverse kostenlose Vergleichsportale im Internet. "Diese Portale sind aber weder unabhängig noch vergleichen sie sämtliche Tarife und Versicherungen miteinander", warnt Weidenbach. Auch Provisionsberater bieten zum Teil nur eine Auswahl an Versicherungstarifen an. Einen Überblick bieten die Untersuchungen der Stiftung Warentest, bei der man sich zudem auch eine individuelle Analyse für die PKV erstellen lassen kann (kostenpflichtig). Die Verbraucherzentralen der Länder und unabhängige Versicherungsberater bieten umfassende, persönliche Beratungen ohne Verkauf an. Diese kosten in der Regel zwischen 80 und 150 Euro.

Nichts verschweigen beim Gesundheitscheck

Ist eine Versicherung gefunden, muss man deren Gesundheitsbogen ausfüllen und zurückschicken. Erst aufgrund der eigenen Daten bekommt man ein individuelles Angebot. "Egal ob Sie sich beraten lassen oder aufgrund eigener Recherchen eine passende Versicherung auswählen: Sie müssen in jedem Fall die Gesundheitsfragen zu 100 Prozent korrekt ausfüllen", betont Weidenbach. "Selbst bei einer versehentlichen Falschangabe hat der Versicherer das Recht, auch nach Jahren noch von dem Vertrag zurückzutreten, wenn der Fehler auffällt. Dann haben Sie im schlimmsten Fall tausende Euro gezahlt und sind trotzdem nicht abgesichert."

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