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Nach langem Streit:Durchbruch für Militärtransporter A400M

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Trotz horrender Mehrkosten wird der Militärtransporter A400M gebaut. Hauptverlierer des monatelangen Verhandlungspokers ist der Luftfahrtkonzern EADS.

Jens Flottau

Nach langen Verhandlungen haben sich der Luftfahrtkonzern EADS und die Kunden des Militärtransporters A400M auf einen Kompromiss im Finanzierungsstreit geeinigt. Demnach steht nun fest, dass das Flugzeug gebaut wird.

Der Kompromiss sieht vor, dass die Länder einer Preiserhöhung um zehn Prozent zustimmen. Dies entspricht einem Betrag von zwei Milliarden Euro. Darüber hinaus stellen sie weitere 1,5 Milliarden Euro bereit, die an sie aber zurückgezahlt werden, wenn die A400M im Export zusätzliche Umsätze schafft.

Das Flugzeugprogramm sollte ursprünglich 20 Milliarden Euro kosten, laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouse Coopers könnte es aber bis zu 31 Milliarden Euro kosten. EADS muss zusätzliche Rückstellungen von rund 1,8 Milliarden Euro in der Bilanz für 2009 bilden. Weitere Details werden auf der Bilanzpressekonferenz erwartet, die am Dienstag in Paris stattfindet.

Deutschland größter Widerständler

Insgesamt sieben Staaten haben 180 Maschinen des Typs bestellt, der bei den europäischen Luftwaffen alternde Modelle wie die C-160 Transall ablösen soll. Deutschland ist mit 60 Flugzeugen der größte Einzelkunde und leistete gegen die zusätzlichen Forderungen der Industrie den größten Widerstand. Das Flugzeug ist um fast vier Jahre verspätet.

EADS hatte sich 2002 dazu verpflichtet, alle technischen und finanziellen Risiken bei dem Projekt zu tragen. Dies ist für ein militärisches Flugzeug sehr ungewöhnlich, denn wegen der geforderten extremen Flugleistungen geraten die Ingenieure oft an die Grenzen des Machbaren. Verzögerungen und höhere Kosten sind eher die Regel als die Ausnahme.

Politische Einflussnahme

EADS ließ sich vor acht Jahren dennoch auf das Geschäft ein, weil der Konzern durch die A400M die Chance auf starkes Wachstum im bis dahin schwachen Militärsektor sah und die technologischen Risiken unterschätzte.

Das Projekt litt nicht nur unter technischen Schwierigkeiten, sondern auch unter starker politischer Einflussnahme. So setzten die Aufttraggeber durch, dass ein europäisches Triebwerkskonsortium die Motoren bauen sollte, obwohl EADS den amerikanischen Hersteller Pratt & Whitney bevorzugt hätte.

Auch Aufträge an andere Lieferanten wurden mehr nach wirtschaftspolitischen Kriterien, als nach Kompetenz vergeben.

Die 3,5 Milliarden Euro, die EADS nun von den Staaten bekommt, liegen weit unter den ursprünglichen Forderungen der Industrie. Der Konzern wollte eigentlich 5,7 Milliarden mehr und reduzierte seine Forderungen im Laufe der Verhandlungen auf 4,4 Milliarden.

Thomas Enders, Chef der zuständigen EADS-Tochter Airbus, hatte mehrfach damit gedroht, das Flugzeug nicht zu bauen, wenn die Mehrausgaben höher lägen, als die Kosten, das Programm noch einzustellen.

Mehrere Ultimaten verstrichen

Die Verhandlungen mit den Ländern führte zuletzt aber EADS-Chef Louis Gallois, während sich Enders auch öffentlich stark zurückhielt. Gallois hatte auch mehrere Ultimaten verstreichen lassen, ohne die von Enders angedrohten Konsequenzen zu ziehen.

Ob Airbus aber tatsächlich mit der Einigung besser fährt als ohne, ist heute bestenfalls ungewiss. Zwar wird Konzernmutter EADS nur 1,8 Milliarden Euro zusätzlich in der Bilanz für 2009 zurückstellen, doch haben die Wirtschaftsprüfer weitere Risiken erkannt, die sie mit mehr als drei Milliarden Euro bewerten.

In diesem schlimmsten Fall müsste EADS rund 7,5 Milliarden Euro zusätzlich in das Projekt stecken, dann bereits heute sind 2,4 Milliarden zurückgestellt. In jedem Fall ist die A400M voraussichtlich über viele Jahre eine schwere Bürde für den Konzern, zumal mit dem neuen Langstreckenflugzeug Airbus A350 bereits das nächste Milliardenprojekt läuft und die A380 immer noch nicht die eisnt erhofften Umsätze produziert.

Nach der Einigung mit den Kunden stehen nun Verhandlungen mit den Lieferanten an. EADS fordert vor allem, dass das Triebwerkskonsortium für einen Teil der Zusatzkosten aufkommt.

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Quelle:
SZ vom 06.03.2010
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