Süddeutsche Zeitung

Einigung in Rechtsstreit:Maschmeyers Besuch in Zürich

Lesezeit: 2 min

Von Klaus Ott, München

Carsten Maschmeyer, deutscher Multimillionär aus Hannover, war heimlich nach Zürich gekommen. Und genauso heimlich wieder abgereist. Niemand sollte von seinem Auftritt erfahren. Niemand, außer der Abteilung 7 des Bezirksgerichtes Zürich und der Bank J. Safra Sarasin. Acht Stunden lang verhandelte das Gericht eine Schadenersatzklage Maschmeyers gegen die Schweizer Bank, schließlich war man sich einig: Der hannoversche Investor erhält einen Teil der von ihm geforderten knapp 18 Millionen Euro, und damit ist der ganze Streit um schiefgegangene Geldanlagen und dubiose Aktiendeals vom Tisch. Aktiendeals, bei denen mehrere Kapitalanlagefonds versucht haben sollen, den deutschen Fiskus zu betrügen.

Die Geheimhaltung hat lange funktioniert

Der Termin bei Gericht hatte bereits vor zwei Monaten, Ende April, stattgefunden. Doch nach außen gedrungen ist der Vergleich erst kürzlich. Und die Umstände, das Feilschen bei Abteilung 7, sind bisher noch gar nicht bekannt geworden. Die vereinbarte Geheimhaltung hat lange funktioniert. Nichts sollte den Vergleich gefährden, der erst jetzt wirksam geworden ist. Eine mehrwöchige Widerrufsfrist ist verstrichen, und die Schweizer Bank hat inzwischen gezahlt. Unklar ist nur noch, wie viel Geld Maschmeyer jetzt genau bekommen hat. Der Investor aus Hannover hatte zusammen mit seiner Familie und mit Freunden 55 Millionen Euro bei drei von J. Safra Sarasin vermittelten Fonds in Luxemburg angelegt, die mit Aktien handelten und bis zu zwölf Prozent Rendite bringen sollten.

Doch der Profit blieb aus, und am Ende stand sogar ein Verlust von knapp 14 Millionen Euro. Die forderte Maschmeyer per Schadenersatzklage zurück, plus knapp vier Millionen Euro Zinsen. Der Multimillionär behauptete, er sei getäuscht worden. Ausgerechnet Maschmeyer, der als Finanzhai gilt, der mit seinem umstrittenen Geldanlage-Vertrieb AWD reich geworden ist. Der AWD habe wie eine Drückerkolonne agiert, habe den Leuten alles mögliche aufgeschwätzt, behaupteten Kritiker. Maschmeyer wies das zurück, eine Reizfigur ist er geblieben. Auch wegen seiner Nähe zu einst führenden Politikern wie Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundespräsident Christian Wulff, die er bei Wahlkämpfen unterstützt hatte.

Der Streit ist geschlichtet, der Kampf geht weiter

Der hannoversche Investor warf J. Safra Sarasin vor, die Bank habe ihm das tatsächliche Geschäftsmodell der Fonds verschwiegen: sich vom deutschen Fiskus gar nicht gezahlte Steuern auf Dividendenerlöse erstatten zu lassen. Die Bank widersprach. Man stritt heftig, bis zum Termin vor Gericht. Das war eine sogenannte Instruktionsverhandlung. Die dient laut Gesetz der "freien Erörterung des Streitgegenstandes" und dem "Versuch einer Einigung". Also noch keine Hauptverhandlung, sondern ein Schlichtungsversuch.

Der hat bei Maschmeyer geklappt. Andere Kapitalanleger streiten sich noch mit der Privatbank J. Safra Sarasin. Über die Höhe des Vergleichs und auch sonst bewahren beide Seiten Stillschweigen. Sicher ist: Der Multimillionär hat am Ende mehrere Millionen Euro draufgezahlt. Sicher ist auch: Der Verlust ist um einiges kleiner geworden, als er ursprünglich ausfiel. Maschmeyer kann den Vergleich verkraften, die Bank auch. In der Klageschrift hatte der Investor aus Hannover vorgerechnet, er habe mit seinem früheren Unternehmen, dem Finanzvertrieb AWD, der Schweizer Bank "eine große Anzahl Kunden mit einem Gesamtvolumen von rund einer Milliarde Euro zugeführt". Beide Seiten haben lange sehr voneinander profitiert. Und bekämpfen sich, indirekt, auch weiterhin.

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt wegen der von J. Safra Sarasin vermittelten Fonds gegen eine angebliche Bande von mehr als 30 Bankern, Fondsbetreibern und Anwälten, die gemeinsam versucht hätten, den Fiskus wie auch Kapitalanleger auszunehmen. Zu den Beschuldigten, die alle Vorwürfe bestreiten, gehören auch Ex-Manager der Bank. Einer der wichtigsten Zeugen der Staatsanwaltschaft, die versuchte Steuerhinterziehung in Höhe von mehr als 400 Millionen Euro und Betrug vermutet, ist Maschmeyer.

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Quelle:
SZ vom 30.06.2015
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