Süddeutsche Zeitung

Künstliche Intelligenz bei Ikea:"Billy, wie geht es dir?"

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Von Angelika Slavik

Das Einkaufserlebnis bei Ikea beinhaltet, neben der unvermeidlichen Portion Köttbullar, ja auch immer die Erfahrung des Scheiterns. Egal, wie viele Billy-Bücherregale man schon aufgebaut hat, es bewahrt nicht davor, am Ende mit einem Regal dazustehen, das, jetzt mal als Beispiel, ein ungeplantes Loch in der Rückwand hat, weil man einen dieser kleinen Befestigungsnägel an der falschen Stelle durchgeschlagen hat. Natürlich macht das nichts. Alle Ikea-Kunden wissen vorher, dass es so kommen wird. Deshalb gehen sie unverdrossen trotzdem hin: Mehr als zwei Drittel aller Haushalte in Deutschland besitzen Möbel von Ikea, sagt die Statistik. Bei einem Viertel stammt sogar mindestens die Hälfte der Einrichtung von der Möbelkette.

Entscheidungen bei Ikea haben also Auswirkungen auf das Wohnumfeld sehr vieler Menschen. Deshalb ist es relevant, wenn der Konzern Überlegungen anstellt, die Wohnen grundlegend verändern könnten. So wie in diesen Tagen: Ikea macht sich Gedanken über den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in seinen Produkten.

Ikeas Innovationslabor Space 10 macht derzeit eine Umfrage, die die Haltung von Konsumenten zu KI abklären soll. Auf der Webseite doyouspeakhuman.com können Teilnehmer angeben, wie KI-Technologie sein müsste, die ihnen gefallen würde. Dabei geht es um Details - ob die Computeridentität männlich, weiblich oder geschlechtsneutral sein sollte -, aber auch um Grundsätzliches: Ob KI-Technologie die eigenen Werte teilen solle. Ob sie religiös sein soll. Und: "Möchten Sie, dass Ihre KI Sie von Fehlern abhält?"

Bislang haben etwa 3000 Menschen an der Umfrage teilgenommen, rund acht Prozent aus Deutschland. Die Zwischenergebnisse sind öffentlich. Auffällig ist dabei, dass die Befragten sich durchaus für KI mit Kindermädchen-Funktion begeistern können: Die Frage, ob man von "Fehlern" abgehalten werden möchte, bejahten bis Donnerstagnachmittag 77 Prozent. Auch die Vorstellung, "Wünsche" erfüllt zu bekommen, bevor man sie geäußert habe, finden zwei Drittel der Befragten gut. Mehr als die Hälfte stimmt dazu einer Aufzeichnung ihrer Daten vorbehaltlos zu. Etwas mehr als 40 Prozent finden, die Datensammlung in ihren Wohnräumen dürfte nur anonymisiert erfolgen.

Gefragt nach der Absicht der Umfrage, heißt es bei Ikea, man wolle erst die Diskussion über das Thema eröffnen, bevor man mit der konkreten Entwicklung beginne. Einen Zeitraum, wann Ikea erste KI-Produkte auf den Markt bringen könnte, nennt das Unternehmen nicht.

Assistenzsysteme und ihr Einzug in die Wohnräume der Benutzer stehen auch auf der Agenda der Internetkonzerne. Amazon etwa macht gerade Schlagzeilen mit seinem "Echo Look", der Weiterentwicklung des Sprachassistenten "Alexa". Zu Look gehört aber nicht nur ein Mikrofon, sondern auch eine Kamera - um Kunden als virtueller "Modeberater" dienen zu können, wie es heißt. Zwischen praktisch und gruselig liegt mitunter ein schmaler Grat.

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Quelle:
SZ vom 05.05.2017
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