Süddeutsche Zeitung

Konjunktur:Deutschland droht eine Rezession - eine kleine

Lesezeit: 1 min

Die deutsche Wirtschaft ist im Winterquartal stärker geschrumpft als prognostiziert. Darunter leiden gleich mehrere Branchen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Wirtschaftslage in Deutschland ist schlechter als bislang vermutet. Das Bruttoinlandsprodukt sank im Winterquartal gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent, so das Statistische Bundesamt am Freitag. Die Behörde korrigierte damit ihre eigene Schätzung, die das Minus bei 0,2 Prozent prognostizierte. Manche Experten erwarten auch im Frühlingsquartal einen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Zwei Quartale hintereinander ein schrumpfendes Bruttoinlandsprodukt - damit wäre die Bedingung einer technischen Rezession erfüllt. Als Grund für den überraschend starken Rückgang nennen die Statistiker die weiterhin starken Preissteigerungen sowie die anhaltende Energiekrise. Die Verbraucher hätten auch weniger Geld ausgegeben, weil Vergünstigungen wie der Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket im Vergleich zum Sommerquartal weggefallen sind.

"Das ist ein Paukenschlag. Der Energiepreisschock hat im vierten Quartal seinen Tribut gefordert", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "Wegen des Ausbleibens einer Gasmangellage und der umfangreichen staatlichen Hilfen erwarte ich jedoch nach wie vor keine tiefe Rezession."

Im Bausektor bestehe die Gefahr, den Beschäftigtenstand nicht halten zu können

Auch die Investitionen im Ausrüstungssektor sind geschrumpft. Es wurden weniger Maschinen, Geräte und Fahrzeuge gekauft, so das Statistische Bundesamt weiter. Der Bausektor leide ebenfalls. Dort dämpften gestiegene Materialkosten und höhere Zinsen die Investitionsbereitschaft. Die Betriebe würden zwar noch ihre Auftragspolster abarbeiten, aber die Aufträge im Wohnungsbau seien im freien Fall, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Es bestehe die erhebliche Gefahr, den Beschäftigtenstand nicht halten zu können. Allein 2022 stieg die Zahl der Belegschaft im Bauhauptgewerbe um gut 15 000 auf rund 927 000. "Die Baubranche hat in den letzten zwölf Jahren rund 200 000 Beschäftigte neu eingestellt, um die enorme Baubedarfe bei Wohnungen, Schulen und Infrastruktur realisieren zu können", sagte Pakleppa.

Für das Gesamtjahr 2023 sehen die meisten Fachleute trotz des russischen Kriegs gegen die Ukraine, der hohen Inflation und anhaltender Lieferengpässe nicht mehr so schwarz wie noch im Herbst. "Die Rezession wird sich im ersten Quartal fortsetzen, bevor eine mühsame Erholung einsetzen wird", sagte Dekabank-Experte Andreas Scheuerle. Auch die Bundesregierung "erwartet im weiteren Jahresverlauf 2023 eine merkliche Belebung", so das Wirtschaftsministerium. Es geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt 2023 um 0,2 Prozent anziehen wird. Das wäre ein Bruchteil des Wachstums von 1,8 Prozent im Vorjahr.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5757760
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.