Süddeutsche Zeitung

Karstadt und Kaufhof:Das Kartell der Kaufleute

Die Causa Karstadt hat längst ihre eigene Dynamik entwickelt: Kurz vor der Pleite sind mittlerweile alle Mittel recht. Selbst das Kartellamt verkommt zum Zuschauer.

Michael Bauchmüller

"Deutsche Warenhaus AG", so heißt womöglich die Lösung für den angeschlagenen Kaufhauskonzern Karstadt. Fieberhaft verhandeln die Spitzen der Karstadt-Mutter Arcandor und des Metro-Konzerns darüber; 60 Karstadt-Häuser könnten mit der Metro-Tochter Kaufhof zusammengehen. Nur eins gerät aus dem Blick: Der Retter von Karstadt ist zugleich der größte Konkurrent. Das ist ein Fall für das Kartellamt. Normalerweise.

Doch die Causa Karstadt hat längst ihre eigene Dynamik entwickelt. Unmittelbar von der Pleite bedroht, sind mittlerweile viele Mittel recht. Soll der Bund nicht abermals Millionen zuschießen, andererseits aber auch nicht herzlos die Zukunft Zigtausender Verkäuferinnen oder ganzer Innenstädte riskieren, wird er die Gründung der Warenhaus AG tolerieren.

Selbst für das Kartellamt wird es schwer, sich dem in den Weg zu stellen. Gründe dafür gäbe es. In 32 Städten betreibt Karstadt ebenso Filialen wie die Metro-Tochter Kaufhof, häufig in unmittelbarer Nähe zueinander. Die Sortimente ähneln sich, sie reichen von der Feinkost bis zur Kaffeemaschine, von der Krawatte bis zum Koffer.

Die neue Warenhaus AG könnte diese Macht ausnutzen. Sie könnte Filialen schließen und den Wettbewerb vor Ort einstellen. Auch die Argumente des Metro-Konzerns ziehen nicht, nach denen Karstadt und Kaufhof weniger miteinander als mit großen SB- oder Elektronikmärkten konkurrieren.

Das mag zwar stimmen - nur gehören mit Real, Mediamarkt und Saturn einige der größten Konkurrenten ebenfalls zu Metro. Metro-Chef Cordes hat die Gunst der Stunde erkannt, diese Macht auszubauen und gleichzeitig den Retter zu spielen. Für seine Kundschaft vor Ort könnte das noch teuer werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.460856
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 8.6.2009/mel
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.