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Investment Facebook:Unter Freunden

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Facebook stürmt nicht einfach an die Börse, vielmehr zahlen Investoren mit der Hilfe seriöser Investmentbanken hohe Beträge für geringe Beteiligungen. Für normale Anleger ist nicht mehr viel zu holen.

Caspar Busse

Es ist eine der schwierigsten Fragen für Betriebswirte überhaupt: Wie bewertet man ein Unternehmen? Ein Anhaltspunkt ergibt sich, wenn die Firma wenigstens an der Börse notiert ist. Dort bildet sich ein Wert, je nach Angebot und Nachfrage der Anleger: Siemens zum Beispiel ist an der Börse momentan 82,5 Milliarden Euro wert, Lufthansa lediglich 7,9 Milliarden Euro, der Internetkonzern Google umgerechnet immerhin 150 Milliarden Euro. Aber was ist mit nicht börsennotierten Firmen, also der großen Mehrzahl aller Unternehmen?

Man kann sich an den vorhandenen Vermögenswerten, an den zu erwartenden Gewinnen, an den allgemeinen Geschäftsaussichten orientieren - oder man bemüht ganz einfach die Phantasie.

Facebook, der Betreiber des weltweit größten sozialen Netzwerks im Internet, wird derzeit mit sage und schreibe 50 Milliarden Dollar bewertet, also 38 Milliarden Euro. Das ist ein Bläh-Wert für eine Firma mit geschätzten 1,2 Milliarden Euro Umsatz in neun Monaten. Facebook will 2012 an die Börse. Es ist eine der am schnellsten wachsenden Internetfirmen überhaupt und macht sogar gute Gewinne. Mehr als 550 Millionen Menschen sind bereits Mitglied ("Freunde") und geben dort erstaunlich offenherzig persönliche Informationen preis, die für die Werbewirtschaft extrem wertvoll sein können. Facebook ist in den USA bereits die meistbesuchte Internetseite.

Klar ist aber auch: Die extrem hohe Bewertung der Firma Facebook, erst vor gut sechs Jahren von Mark Zuckerberg gegründet, ist ein purer Hoffnungswert. Eine große Wette auf eine möglicherweise goldene Zukunft des Internetunternehmens. So etwas gab es schon einmal vor mehr als zehn Jahren - als im ersten großen Dotcom-Rausch massenweise Unternehmen an die Börse gingen. Der Hype endete in einem beispiellosen Absturz. Viele verloren ihr Geld.

Heute gibt es Parallelen, aber auch einen entscheidenden Unterschied: Ausgewählte Anleger gehen vorab Beteiligungen ein. Die neuen Stars wie Facebook und andere stürmen nicht einfach an die Börse. Vielmehr zahlen Investoren mit der Hilfe seriöser Investmentbanken wie Goldman Sachs hohe Beträge für geringe Beteiligungen - und tragen so dazu bei, dass der Firmenwert bereits vor einem Börsengang in Schüben nach oben katapultiert wird. Facebook ist dafür das Paradebeispiel. Man kennt das Prinzip von Kettenbriefen. Und so wie es aussieht, wird am Ende für normale Anleger nicht mehr viel zu verdienen sein.

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Quelle:
SZ vom 08./09.01.2011
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