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Euroraum:Bundesbank: Höhepunkt der Inflation noch nicht überschritten

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Europas Währungshüter gehen mit Zinserhöhungen gegen die Rekordinflation im Euroraum vor. Aus Sicht von Bundesbank-Präsident Nagel sind weitere Maßnahmen nötig.

Trotz erster Entspannungssignale hat die Inflation im Euroraum nach Einschätzung von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel ihren Höhepunkt noch nicht überschritten. "Ich würde gern daran glauben wollen, dass wir hoffentlich bessere Inflationszahlen sehen werden", sagte Nagel in Frankfurt. Die Daten sprächen aber eher dafür, dass sich die Teuerungsrate noch eine Zeit lang auf einem hohen Plateau bewegen werde.

Die Ölpreise waren zuletzt gesunken, zugleich hatte sich der Preisauftrieb auf Herstellerebene im Oktober in Deutschland deutlich abgeschwächt und Hoffnungen auf einen Rückgang der hohen Inflation geschürt. Nagel zufolge dürfte die Inflationsrate in Deutschland auch 2023 hoch bleiben. "Ich halte es für wahrscheinlich, dass im Jahresdurchschnitt eine sieben vor dem Komma stehen wird", sagte der Bundesbank-Präsident. Auch im Euroraum belaste die hohe Inflation die Konjunktur. "Der massive Preisauftrieb ist breit angelegt. Er bremst insbesondere den privaten Konsum." Im Dezember werde die Europäische Zentralbank (EZB) mit einer weiteren Zinserhöhung nachlegen, um die Inflationsrate im Euroraum mittelfristig zurück auf zwei Prozent zu bringen, sagte Nagel, der als Bundesbank-Präsident im EZB-Rat mit über die Geldpolitik im gemeinsamen Währungsraum entscheidet.

Die Notenbank legt bei der nächsten Zinssitzung am 15. Dezember ihre Konjunktur- und Inflationsprognosen vor. Zur geldpolitischen Normalisierung gehört neben weiteren Zinsschritten nach Einschätzung des Bundesbank-Präsidenten auch ein Abbau der durch milliardenschwere Anleihenkäufe aufgeblähten EZB-Bilanz. "Für mich spricht vieles dafür, Anfang nächsten Jahres damit zu beginnen, auslaufende Anleihen im Rahmen des APP nicht mehr vollständig zu ersetzen", sagte Nagel. Das wäre auch ein weiteres wichtiges Signal des EZB-Rats zur Bekämpfung der Inflation. Europas Währungshüter hatten zum 1. Juli 2022 zwar den Kauf neuer Wertpapiere im Rahmen des allgemeinen Kaufprogramms APP eingestellt. Geld aus Papieren, deren Laufzeit endet, wird bislang aber in vollem Umfang wieder neu angelegt.

Insgesamt hat die EZB seit März 2015 etwa 3,4 Billionen Euro in Staatsanleihen und Unternehmenspapiere gesteckt. Im Oktober lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum der 19 Länder um 10,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die Notenbank stemmt sich seit Juli mit kräftigen Zinserhöhungen gegen die extrem hohe Teuerung. Der Leitzins im Euroraum, der jahrelang auf dem Rekordtief von null Prozent eingefroren war, liegt inzwischen bei 2,0 Prozent.

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