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Ende der Home-Office-Pflicht:Müssen die Menschen jetzt wirklich zurück ins Büro?

Lesezeit: 2 min

Am 20. März endet die Home-Office-Pflicht, trotz vieler Infektionen. Kann man auf eigenen Wunsch zu Hause bleiben? Was ist am Arbeitsplatz zu beachten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Lisa Nguyen

Mehr Zeit für die Familie oder einsames Arbeiten am Schreibtisch: Zwei Jahre Home-Office haben das Arbeitsleben grundlegend verändert. Und obwohl die Inzidenzen bei über 1500 liegen, fallen vom 20. März an bundesweit die Home-Office-Pflicht und weitere Corona-Maßnahmen am Arbeitsplatz weg. Künftig können die Betriebe selbst die Gefahrenlage einschätzen und entsprechende Hygienekonzepte vorlegen. Das sieht die neue Arbeitsschutzverordnung vor, die am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, und vorerst bis zum 25. Mai gelten soll. Was Arbeitnehmer über die neuen Regelungen wissen müssen.

Welche Regeln gelten ab dem 20. März am Arbeitsplatz?

Bislang galt: Wo es nicht genügend Schutz gab, herrschte Maskenpflicht. Von Sonntag an sollen Betriebe selbst über Schutzmaßnahmen wie Abstands- und Hygieneregeln oder eine Maskenpflicht bestimmen. Wahrscheinlich ist, dass angesichts der hohen Inzidenzen die Betriebe sich an die AHA+L-Regel als Basisschutz halten werden. Diese Formel sieht Abstandhalten, Hygiene-Beachten, Masketragen sowie Lüften vor.

Brauche ich künftig noch einen Test-, Impf- oder Genesenen-Nachweis fürs Büro?

Den 3-G-Nachweis vorzuzeigen, war lange Zeit Pflicht für die Angestellten. Doch ab dem 20. März fällt auch diese Vorschrift weg. Arbeitgeber müssen fortan nicht mehr überprüfen, ob ihre Angestellten negativ getestet, geimpft oder genesen sind.

Bieten Betriebe weiterhin kostenlose Corona-Tests an?

Bislang mussten Arbeitgeber mindestens zweimal pro Woche kostenlose Tests bereitstellen. Auch diese Vorgabe fällt weg - Betriebe können aber weiterhin freiwillig Tests für ihre Mitarbeiter anbieten. Die neue Verordnung legt ihnen nahe, zu prüfen, ob sie den Beschäftigten einen Corona-Test pro Woche geben wollen.

Wie oft darf ich künftig noch im Home-Office arbeiten? Habe ich ein Recht darauf?

Wenn es von der Art der Arbeit möglich war, war das Home-Office-Angebot bislang Pflicht. Auch diese Vorgabe läuft am kommenden Sonntag aus. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man sich vom heimischen Arbeitsplatz verabschieden muss. "Arbeitgeber können Home-Office weiterhin anbieten", meint Tim Eller, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht aus München. Er rät Arbeitgebern und Arbeitnehmern daher dringend, sich einvernehmlich zu einigen. So könnten zum Beispiel individuelle Regelungen zwischen beiden Parteien getroffen werden. "Denkbar sind künftig aber auch kollektivrechtliche Vereinbarungen wie zum Beispiel Betriebsvereinbarungen zum Home-Office", meint Eller. Somit könne man spätere Streitigkeiten vermeiden.

Und was ist, wenn ich gar nicht ins Büro zurückkehren will?

"Wenn vertraglich zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer nichts anderes vereinbart wurde, dann besteht grundsätzlich kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Home-Office", sagt Eller. Das bedeutet: Der Arbeitgeber kann seine Mitarbeiter wieder zurück ins Büro beordern. Bleibt der Arbeitnehmer im heimischen Büro, kann eine Abmahnung oder gar eine Kündigung drohen.

"Eine Ausnahme hiervon wäre nur dann denkbar, wenn zum Beispiel ein erhebliches individuelles Gesundheitsrisiko in dem Betrieb bestünde", meint Eller. Arbeitgeber müssen nämlich eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter einhalten. Sobald Betriebe eine gesundheitliche Gefährdung erkennen und Home-Office sich als einzige und notwendige Maßnahme herausstelle, könne der Arbeitnehmer gegebenenfalls darauf bestehen, im Home-Office zu arbeiten, so Eller.

Was ist, wenn die Inzidenz lokal noch weiter steigt? Gehen dann wieder alle ins Home-Office?

Auch hier gilt: Der Arbeitgeber entscheidet, welche Maßnahmen er zum Schutz seiner Mitarbeiter ergreifen will. Dabei kann er sich künftig stärker am regionalen Infektionsgeschehen orientieren. Eller zufolge stellt das eine große Last für die Chefs dar: "Den Betrieben wird vom Gesetzgeber die individuelle Gefährdungsanalyse und damit auch ein erhebliches Risiko aufgebürdet." Er rät Arbeitgebern daher, vertragliche Regelungen zu treffen, wo dies möglich sei.

Weiterhin gilt, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter über die Risiken einer Corona-Infektion aufklären sollten. Außerdem sollten sie sie informieren, wo sie sich impfen lassen können, und ihnen erlauben, dafür auch während der Arbeitszeit zum Arzt oder ins Impfzentrum zu gehen.

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