Süddeutsche Zeitung

Hochwasser:Hohe Pegel in den Flüssen, niedrige Kosten für die Versicherer

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Zumindest für die Versicherungen wird das jüngste Hochwasser wohl glimpflich ausgehen: Experten rechnen mit weniger als einer Milliarde Euro an Schäden. Das wäre weniger als 2002 und 2013 - und hat einen einfachen Grund.

Von Ralf Gehlen, Köln

Noch steht das Hochwasser in vielen Teilen Deutschlands. Die Fluten konnten in vielen Gegenden bis jetzt nicht abfließen, auch wenn der Wetterwechsel hilft. Die Risikoanalysefirma Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) in Köln schätzt dennoch, dass die Höhe der versicherten Schäden bei unter einer Milliarde Euro liegen wird, sofern die Deiche weiterhin halten. Im Vergleich mit den Hochwasser-Katastrophen der Jahre 2002 und 2013 wäre das noch eine relativ geringe Summe. "2013 betrug der Schaden inflationsbereinigt drei Milliarden Euro, 2002 sogar sechs Milliarden Euro", sagt MSK-Chef Onnen Siems.

Ein Grund dafür: In Niedersachsen, das vom Hochwasser besonders stark betroffen ist, sind nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nur 32 Prozent der Wohnhäuser gegen Elementarschäden wie Hochwasser versichert. Diese kann man über einen Zusatz in der Wohngebäude- oder Hausratversicherung mitversichern. Bundesweit sind 54 Prozent der Wohnimmobilien gegen Elementarschäden versichert - also deutlich mehr als in Niedersachsen.

Der Regionalversicherer Öffentliche Versicherung Braunschweig, der als erster Anbieter eine Schätzung zu seinen Hochwasserschäden abgegeben hat, geht von einer Belastung von 1,65 Millionen Euro aus. Hinzu kämen noch 500 000 Euro Schaden durch den Sturm Zoltan, der dem Hochwasser vorangegangen war. Die Versicherung, zu deren Geschäftsgebiet die Städte Braunschweig, Helmstedt, Wolfenbüttel und Salzgitter, der Landkreis Holzminden sowie Teile von Wolfsburg und des Harzes zählen, hat demnach bisher etwa 900 Schadensmeldungen erhalten. Wahrscheinlich werden die Hochwasserschäden damit bei der Öffentlichen Braunschweig nicht die Größenordnung des Starkregens im Zuge von Tief Lambert erreichen, das Braunschweig im Juni 2023 verwüstet hatte. Damals gab es 5200 Schadensmeldungen in einer Gesamthöhe von rund 22 Millionen Euro, davon betrafen mehr als 17 Millionen Euro Elementarschäden.

Debatte um Pflichtversicherung flammt wieder auf

Aber auch die Absicherung gegen Elementarschäden hilft nicht bei jedem Schaden, der im Zusammenhang mit dem Hochwasser entsteht. "Wenn das Wasser durch den Anstieg des Grundwassers 'nur' im Keller steht - also nicht das Grundstück überschwemmt -, dann ist der Schaden durch die Elementarversicherung im Allgemeinen nicht gedeckt", erläutert MSK-Chef Siems.

Die jüngsten Überschwemmungen haben dennoch die Diskussion um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden in Deutschland neu entfacht. Die Politik ist uneins, ob Hausbesitzer zum Abschluss einer Elementarschadenpolice verpflichtet werden sollten, der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) beispielsweise ist dafür. Bundesinnenminister Marco Buschmann (FDP) hatte eine Versicherungspflicht dagegen kürzlich noch einmal abgelehnt. Er warnte davor, dass die Prämien steigen und Wohnen so deutlich teurer werden könnte. "Daher hat die Bundesregierung empfohlen, von dem Instrument eher Abstand zu nehmen", sagte er.

Der Versichererverband GDV ist ebenfalls gegen eine Versicherungspflicht. Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen plädiert für eine sogenannte Opt-out-Lösung, bei der Hausbesitzer beim Abschluss einer Gebäudeversicherung automatisch gegen Elementarschäden abgesichert sind, die Zusatzdeckung aber auf Wunsch abwählen können. Zudem fordern die Versicherer mehr Prävention und eine bessere Anpassung an die Folgen des Klimawandels. So solle ein Umdenken beim Planen, Bauen und Sanieren sowie ein Baustopp in Überschwemmungsgebieten helfen, künftige Schäden zu minimieren. Für die Zukunft ist das ein wichtiges Thema: Der Weltklimarat erwartet, dass extreme Regenereignisse mit zunehmender Erderwärmung häufiger auftreten und intensiver ausfallen werden.

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