Süddeutsche Zeitung

Hambacher Forst:20 000 Bergleute demonstrieren gegen Kohleausstieg

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Von Benedikt Müller, Bergheim

Zehntausende Bergleute haben am Mittwoch im Rheinland gegen einen Ausstieg aus der Kohleverstromung demonstriert. An der Kundgebung nahe des umstrittenen Tagebaus Hambacher Forst nahmen nach Angaben der Veranstalter rund 20 000 Beschäftigte teil.

Die Teilnehmer versammelten sich zunächst zu einem Demonstrationszug in Bergheim bei Köln, am späten Vormittag zogen sie ins benachbarte Elsdorf weiter, wo eine Großkundgebung stattfand. Auf Schildern waren unter anderem Sprüche wie "Hambi muss weg" und "Baggi bleibt" zu lesen, eine Anspielung auf den Konflikt um die mögliche Rodung des Hambacher Forsts für den Braunkohleabbau.

Die Gewerkschaften IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und Verdi hatten zu der Demonstration aufgerufen. Kein Tag vergehe derzeit "ohne neue Angriffe auf unsere Arbeitsplätze", hieß es in dem Appell, "wir sind laut für unsere Jobs". Die IG BCE warnt, dass Tausende gut bezahlte Arbeitsplätze wegfallen würden, sollte Deutschland zu schnell aus der Kohleverstromung aussteigen.

Die Demonstration fand am Rande eines Treffens der Kohlekommission statt. Das von der Bundesregierung eingesetzte Gremium soll bis Ende des Jahres einen Vorschlag entwickeln, wann ein Ausstieg aus der Kohle erfolgen könnte. Die Kommission will demnächst auch einen Plan für mehr Wachstum und neue Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen vorlegen. Dem Gremium gehören 31 Politiker, Wissenschaftlerinnen und Wirtschaftsvertreter, Gewerkschafter, Umweltschützerinnen und Anwohnervertreter an. "Wichtig ist, dass die Kommission zu einem gesellschaftlichen Konsens beiträgt", sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der ebenfalls in Bergheim auftrat.

Am Tagebau Hambach hängen laut RWE etwa 4600 Arbeitsplätze

Die Gewerkschaften sehen nicht nur Stellen in Tagebauten und Kraftwerken gefährdet, sondern auch in energieintensiven Branchen wie der Chemie- oder Stahlindustrie. Der heimische Energieträger Braunkohle ist preisgünstiger als etwa importiertes Gas. Allerdings fallen bei keiner Ressource so viele Kohlendioxid-Emissionen pro Kilowattstunde Strom an wie bei der Braunkohle. Deshalb fordern Umweltschützer, dass der Staat schnellstmöglich aus der Kohleverstromung aussteigt.

Die Bergleute im Rheinland besorgt auch, dass der Braunkohletagebau Hambach nicht so voranschreiten darf wie ursprünglich geplant. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte kürzlich einen vorläufigen Rodungsstopp im Hambacher Forst verhängt. Umweltschützer klagen gegen den Betriebsplan des Tagebaus, weil das alte Waldstück die Kriterien eines Vogelschutzgebietes oder eines Fauna-Flora-Habitat-Gebietes erfülle. Sie verweisen auf seltene Fledermausarten, die in dem Forst zuhause seien.

Am Tagebau Hambach und den angeschlossenen Braunkohlekraftwerken hängen nach Angaben des Betreibers RWE etwa 4600 Arbeitsplätze. Die IG BCE befürchtet einen Stellenabbau bei dem Energiekonzern und hofft auf einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.

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