Süddeutsche Zeitung

Kriminalität:Geldwäsche lässt Immobilienpreise steigen

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Von Markus Zydra, Frankfurt

Es gibt viele Ursachen für den starken Anstieg der Immobilienpreise in Deutschland. Dazu gehören die niedrigen Zinsen, das ordentliche Wirtschaftswachstum und das gestiegene Interesse ausländischer Investoren. Ein weiterer Grund wird aber oft ausgeblendet: Geldwäsche. "Schwache Kontrollen, hohe Intransparenz und satte Renditen machen Deutschland zum Geldwäsche-Paradies", sagt Lisa Paus, Sprecherin für Finanzpolitik von Bündnis 90/Die Grünen. Leidtragende seien die Mieterinnen und Mieter, "denn auch schmutziges Geld lässt die Immobilienpreise steigen".

Paus und ihre Fraktion wollen am Donnerstag im Bundestag einen Antrag einbringen, in dem sie strengere Vorschriften zum Kampf gegen Geldwäsche fordern. Hauptaugenmerk ist dabei der Immobiliensektor. Makler und Notare müssen eigentlich Verdachtsmeldungen bei den zuständigen Behörden abgeben, wenn ihnen eine Transaktion komisch vorkommt. Bei der zuständigen Stelle gehen allerdings nur höchst selten Verdachtsanzeigen ein, obwohl es immer wieder passiert, dass Käufer mit Taschen voller Bargeld bezahlen wollen. Gleichzeitig ist die staatliche Kontrolle mangelhaft, denn die Aufsicht über Makler und Notare ist in den einzelnen 16 Bundesländern unterschiedlich geregelt und häufig personell unterbesetzt.

Das Problem ist seit Jahren bekannt, doch der Bund weigert sich bislang, die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor zu zentralisieren. So können Kriminelle in Deutschland relativ unbehelligt Geld waschen, etwa durch den Kauf und Weiterverkauf von Immobilien, Schmuck, Autos und anderen Waren. In Deutschland werden jährlich rund 100 Milliarden Euro gewaschen, schätzt die Universität Halle. Der Immobilienmarkt ist einer der größten Wirtschaftszweige Deutschlands. Der Umsatz ist zwischen 2009 und 2016 um 80 Prozent auf 237 Milliarden Euro gestiegen, heißt es in dem Antrag.

Dennoch hapert es bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität. Die EU-Kommission hat der Bundesregierung Anfang des Jahres sogar eine Rüge erteilt, weil es bei der Umsetzung der Vierten EU-Richtlinie zum Geldwäschegesetz Mängel gab. Inzwischen hat das zuständige Bundesfinanzministerium den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Fünften Geldwäscherichtlinie vorgelegt. Der Plan geht den Grünen nicht weit genug, sie fordern in ihrem Antrag zahlreiche Verschärfungen.

Dazu gehört: Jedes Unternehmen, das in Deutschland eine Immobilie kaufen will, müsse seine Strukturen offenlegen und Besitzverhältnisse in das deutsche Transparenzregister gegen Geldwäsche eintragen - ohne Ausnahmen und ganz gleich, ob der Sitz in Deutschland oder im Ausland ist. Darüber hinaus sollten Barzahlungen bei Immobiliengeschäften ab einem bestimmten Schwellenwert verboten werden. Problematisch in Deutschland seien auch die zahlreichen Möglichkeiten, die wahre Eigentümerschaft zu verschleiern und sich der Strafverfolgung zu entziehen. "Diese reichen vom simplen Koffer mit Bargeld über den Einsatz von Strohmännern und -frauen bis hin zu komplizierten Unternehmenskonstruktionen und Finanzierungsmodellen", sagt Paus. Sie fordert: "Es muss klar sein, wer unsere Städte aufkauft und woher das Geld stammt. Keine weiteren Profite mit schmutzigen Geld und auf Kosten der Mieter."

Mieter sollen leichter erfahren, wer die wahren Eigentümer sind

Inzwischen ist die Politik für das Thema stärker sensibilisiert. Seit 2017 dürfen Gerichte Vermögenswerte einziehen, wenn der Verdacht naheliegt, dass sie mit Geld aus Straftaten finanziert wurden. In Berlin sind auf Basis dieses neuen Gesetzes zuletzt 77 Immobilien eines kriminellen Clans beschlagnahmt worden. Die Bundesregierung gesteht ein, das Ausmaß der Geldwäsche im deutschen Immobiliensektor nicht abschätzen zu können, das Potenzial sei allerdings "als hoch zu bewerten".

Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen fordert zudem, dass Mieter künftig leichter an Informationen über die wahren Eigentümer ihrer Wohnungen kommen, und zwar mittels eines Grundbuchportals, das für Personen mit berechtigtem Interesse einfach und kostenfrei zugänglich werden solle. Auch Notare sollten künftig besser aufpassen: "Bevor ein Unternehmen in Deutschland eine Immobilie kaufen kann, müssen Notare die Angaben zu den Eigentümerstrukturen und zur Herkunft der Mittel besonders sorgfältig prüfen", so der Vorschlag. Gelinge ihnen das nicht, dürfe der Kaufvertrag nicht zustande kommen. Außerdem solle es klare gesetzliche Vorgaben geben, wann Notare zur Abgabe von Verdachtsmeldungen verpflichtet wären. In dem Antrag werden auch bundesweite Mindeststandards für Personal und Kontrollen gefordert, damit die neuen Regeln in allen Bundesländern - anders als heute - einheitlich umgesetzt würden.

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SZ vom 27.06.2019
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