Süddeutsche Zeitung

Geldwäsche:Schlampig und verspätet

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Sie sind nicht wirklich gut darin, Geldwäsche zu bekämpfen: Die Mitgliedstaaten der EU vertrödeln häufig wichtige Gesetze. Darunter ist auch Deutschland. Die EU macht nun Druck.

Von Markus Zydra

Die Rüge aus Brüssel erreichte die Bundesregierung vor knapp zwei Monaten. Darin verwarnte die EU-Kommission Deutschland sowie Portugal und Rumänien, weil diese drei Länder die 4. EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben. Die EU-Kommission ist als Hüterin der Verträge die oberste Kontrollbehörde. Ihre strenge Ermahnung schien überfällig, denn die vereinbarte Umsetzungsfrist war bereits am 27. Juni 2017 abgelaufen. Fazit: Fast drei Jahre Verspätung bei einem Gesetzespaket, das für eine bessere Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche dienen sollte.

Dieser Vorfall unterstreicht die Trägheit, mit der nicht nur Deutschland, sondern auch alle anderen EU-Staaten den Kampf gegen Geldwäsche führen. In den vergangenen 30 Jahren leitete die EU-Kommission insgesamt 94 Vertragsverletzungsverfahren gegen praktisch alle Mitgliedstaaten ein, weil nationale Regierungen die Umsetzung geltenden Rechts entweder vertrödelt oder fachlich verbaselt hatten, wie die EU-Kommission auf Anfrage mitteilte.

Inzwischen gilt bereits die 5. Geldwäscherichtlinie, doch selbst hier laufen aktuell Verfahren gegen 17 Mitgliedstaaten wegen verspäteter Umsetzung. Deutschland hat in diesem Fall 2020 pünktlich reagiert, doch der Gesamteindruck bleibt schlecht. Bundesregierungen aller parteilichen Couleur haben die Vorgaben aus Brüssel oft missachtet. Im Jahr 2012 musste Deutschland sogar einräumen, dass man bis dahin noch nicht einmal die erste Richtlinie von 1991 vollständig umgesetzt hatte. Viel besser wurde es nicht.

Die Gefahr von Geldwäsche wird oft unterschätzt

Der Bundesrechnungshof stellte der Zoll-Behörde Financial Intelligence Unit (FIU) 2020 ein schlechtes Zeugnis aus. Dort laufen die Geldwäscheverdachtsmeldungen der Banken und Güterhändler zur Prüfung ein. "Die FIU kann die in sie gesetzten Erwartungen nur unzureichend erfüllen", so das Urteil. Der Behörde fehle der vollständige elektronische Zugriff auf die relevanten Polizei- und Steuerdaten der Behörden. Ähnlich besorgniserregend ist es im Nichtfinanzsektor. Für die Kontrolle der Immobilienmärkte, Casinos, Juweliere und Autohändler sind Behörden der Bundesländer zuständig. Sie müssten sicherstellen, dass diese Güterhändler verdächtige Geschäfte melden, etwa wenn ein Kunde einen großen Betrag in bar bezahlt. Das geschieht viel zu selten, und die Kontrollbehörden sind meist unterbesetzt.

Die Gefahr von Geldwäsche wird oft unterschätzt. Doch die illegalen Geldströme sind eine ernsthafte Bedrohung für die globale Sicherheit, stellte die Münchner Sicherheitskonferenz 2019 fest. Der Internationale Währungsfonds schätzt das jährliche Geldwäschevolumen weltweit auf vier Billionen Dollar. Nur ein Prozent dieses Betrags können die Behörden sicherstellen. Die illegalen Einkünfte aus dem internationalen Drogen-, Waffen- und Menschenhandel werden in die legale Wirtschaft geschleust. Die kriminellen Banden unterwandern mit dem Geld aus dunklen Quellen die Gesellschaft, denn sie erwerben Firmen, Häuser und damit auch politischen Einfluss.

Unterdessen macht die EU-Kommission Druck. Die Behörde möchte im Frühjahr einen Sechs-Punkte-Plan vorlegen, um den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu intensivieren. Ein möglicher Vorschlag: Künftig sollen die Gesetze per EU-Verordnung statt einer Richtlinie geregelt werden. Dadurch würden die Regeln aus Brüssel unmittelbar gelten - eine Umsetzung in nationales Recht wäre dann nicht mehr notwendig.

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