Süddeutsche Zeitung

Flughafen:Der Verkaufspoker um Hahn geht weiter

Lesezeit: 2 min

Ein russischer Investor prüft nun eine Minderheitsbeteiligung an dem Flughafen. Dabei sind Geschäfte mit Oligarchen zurzeit nicht gern gesehen in Deutschland.

Die NR Holding AG um den russischen Mehrheitsaktionär Viktor Charitonin prüft eine Beteiligung von nur noch unter 25 Prozent. "Damit läge der Anteil der NR Holding AG unter der Sperrminorität, und sie hätte kein Vetorecht oder Einfluss auf die operative Geschäftsführung", teilte die Besitzgesellschaft des Nürburgrings mit. Charitonin, 50 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, will den insolventen Flughafen Frankfurt-Hahn im Hunsrück kaufen. Er hat dafür bereits ein Angebot von kolportierten 20 Millionen Euro hinterlegt.

Dabei gehe es Russlands einflussreichsten Pharma-Unternehmer bei dem Flughafen im Hunsrück ausschließlich um ein finanzielles und nicht um ein strategisches Engagement. "Die übrigen gut 75 Prozent der Geschäftsanteile an der Käufergesellschaft sollen von Investoren in Deutschland gehalten werden - von welchen genau, wird noch geklärt", hieß es weiter. Charitonin, laut Forbes-Magazin mehr als sechs Milliarden Dollar reich, äußert sich selbst kaum zu dem Fall: Er gilt als besonders öffentlichkeitsscheu. Es gibt nur wenige Zitate von ihm und kaum ein Interview - auch nicht in den russischen Medien. Als die Corona-Pandemie auch Russland heimsuchte, war es Charitonins Firma, die den russischen Covid-Impfstoff Sputnik V. produzierte. Nun also, kauft der Unternehmer womöglich den deutschen Privatflughafen Frankfurt-Hahn.

Das Vorhaben von Charitonin hat in Zeiten von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine viel Aufmerksamkeit bekommen. "Im Moment sollte und kann man keine Geschäfte mit russischen Oligarchen machen", sagte etwa der hessische Finanzminister Michael Boddenberg (CDU). Wenn eine Gefährdung festgestellt werde, müsste der Verkauf von Hahn untersagt werden, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen. "Aber das ist zu früh, um jetzt einen nicht abgeschlossenen Vorgang zu kommentieren", sagte er vor einigen Tagen.

Die Vorbehalte gegen Charitonin seien diskriminierend, so der Vorwurf

Das Land Hessen hält noch 17,5 Prozent an dem Flughafen in Rheinland-Pfalz. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft, ob der Flughafen Hahn mit seltener Nachtfluggenehmigung zur kritischen Infrastruktur gehört und ob mit dem diskutierten Verkauf die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet würde.

Am Montag ergänzte ein Ministeriumssprecher, die Bundesregierung habe sich noch keine Meinung zu einer Hahn-Beteiligung der NR Holding AG von nur 24,9 Prozent gebildet. Auch eine Hahn-Gläubigerversammlung hatte kürzlich noch keine Zusage für einen Verkauf an die NR Holding AG gegeben.

Diese betonte aber: "Viktor Charitonin ist kein Oligarch. Er nimmt keinen Einfluss auf die russische Politik." Die Darstellung, der Geschäftsmann stehe dem Kreml nahe, sei falsch. Sicher habe er Kontakte zu russischen Behörden, Ministerien und zum Kreml. Kontakte von Vorständen führender deutscher Unternehmen zur Bundesregierung seien aber auch hier nichts Ungewöhnliches, so der Konzern. "Er ist ein unabhängiger und international agierender Pharmaunternehmer mit zahlreichen Firmen und vielen tausend Arbeitnehmern, für die er Verantwortung trägt", hieß es weiter. Die Vorbehalte gegen Charitonin in Deutschland seien diskriminierend. Er stehe weltweit auf keiner Sanktionsliste.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5750690
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa/nien/pauw
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.