Süddeutsche Zeitung

Inflation:Steigende Zinsen, fallende Kurse

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Im Kampf gegen die Inflation setzen Notenbanker in den USA und in Europa weiterhin auf steigende Leitzinsen. Zum Unbehagen von Anlegern, die auf schnelles Wachstum und billiges Geld setzen.

Von Max Hägler

Auch eine schöne Landschaft als Bühne hilft nicht unbedingt, um harte Botschaften aufzuhübschen. Im so malerischen wie ruhigen Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming haben sich in den vergangenen Tagen die wichtigsten Notenbanker der Welt zusammengefunden - und mit ihren Botschaften große Unruhe an den Märkten ausgelöst. Den Anfang hat am Freitagabend deutscher Zeit Jerome Powell gemacht. Der Chef der US-Notenbank (Fed) kündigte an, den Zufluss frischen billigen Geldes weiter zu reduzieren, im Kampf gegen die hohe Inflation. Am Wochenende folgten dann Wortbeiträge weiterer Finanzentscheider, vor allem aus der Euro-Zone, die in die ähnliche Richtung weisen. Die Börsen in den USA reagierten mit einem Kurssturz. Es werde "viel Rot am Montag" geben, sagen Analysten, die asiatische Börsen im Blick haben. Und mit Spannung wird erwartet, ob wenige Stunden später auch die europäischen Märkte in den Negativstrudel geraten werden.

"Die Wiederherstellung der Preisstabilität wird wahrscheinlich die Fortsetzung einer restriktiven Geldpolitik für einige Zeit notwendig machen", hatte der Fed-Chef Jerome Powell am Freitag einige Stunden vor Börsenschluss erklärt. Zudem spreche die historische Erfahrung dagegen, die Geldpolitik zu früh zu lockern. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial hatte in der Folge mit 3,03 Prozent im Minus geschlossen (32 283 Punkte). Der US-Index S&P 500 büßte 3,4 Prozent ein. Der technologielastige US-Index Nasdaq 100 sackte um 4,10 Prozent ab, der größte Tagesverlust seit mehr als neun Jahren. Viele Technologiefirmen sind zur Finanzierung ihres Wachstums noch stärker von Krediten abhängig als Unternehmen aus traditionelleren Branchen und entsprechend verwundbar bei steigenden Zinsen.

Im Euro-Raum dürften die Zinsen bald weiter steigen

Doch günstige Kredite befördern eben auch die Inflation. Und die Notenbanker sehen die Geldentwertung gerade als größere Gefahr im Vergleich zu einem eingetrübten Wachstum, das wurde dann im weiteren Verlauf der Währungshütertagung deutlich. Nachdem Fed-Chef Powell vorgelegt hatte, sprachen sich sowohl EZB-Direktorin Isabel Schnabel als auch die Notenbankchefs von Frankreich und Lettland, François Villeroy de Galhau und Martins Kazaks, für kraftvolle Maßnahmen aus.

Im Euro-Raum lag die Inflation im Juli bei enorm hohen 8,9 Prozent. Die EZB hat erst sehr spät - im Juli - den Kampf gegen die hochschießende Inflation eingeleitet und das erste Mal seit elf Jahren die Leitzinsen erhöht. Der Leitzins für den Euro liegt nun aktuell bei 0,50 Prozent.

In wenigen Tagen, am 8. September, berät die EZB erneut die Zinslage, und es steht wohl eine abermalige Erhöhung an, um 0,5 Prozent - oder sogar darüber hinaus. "Wir sollten offen dafür sein, sowohl 50 als auch 75 Basispunkte als mögliche Schritte zu diskutieren", sagte etwa der lettische Währungshüter Kazaks bei der Währungshütertagung. Der Notenbanker aus dem Baltikum hat in seinem Land mit einer Inflation von mehr als 20 Prozent zu kämpfen, er rechnet insofern mit einer Rezession.

"In diesem Umfeld müssen die Zentralbanken kraftvoll handeln", sagte auch Notenbankdirektorin Schnabel bei der Konferenz in Jackson Hole. Sie wies auf die Gefahr hin, dass Menschen beginnen, an der langfristigen Stabilität ihrer Währung zu zweifeln. "Je länger die Inflation hoch bleibt, desto größer ist das Risiko, dass die Öffentlichkeit das Vertrauen in unsere Entschlossenheit und Fähigkeit verliert, Kaufkraft zu bewahren", sagte sie. Die Kosten dafür, sollte sich die derzeit hohe Teuerungsrate in den Köpfen festsetzen, seien unangenehm hoch, warnte sie. Währungshüter müssten daher ihre "starke Entschlossenheit" zum Ausdruck bringen, die Inflation schnell zur Zielmarke zu bewegen: Zwei Prozent Inflation pro Jahr.

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