Süddeutsche Zeitung

Energiekonzern:Eon will mehr als bloß stabil sein

Lesezeit: 2 min

Johannes Teyssen hat den Energiekonzern umgekrempelt, nun zieht der Eon-Chef seine letzte Bilanz. Sein Nachfolger Leonhard Birnbaum kämpft gegen das Image einer langweiligen Netzfirma an.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Gut zehn Jahre stand Johannes Teyssen an der Spitze von Eon. Nun hat der 61-Jährige letztmals Jahresbilanz gezogen, bevor er den Energiekonzern Ende dieses Monats verlassen wird. 2020 habe ja viele Geschäftsmodelle auf eine harte Probe gestellt. Doch: "Wir sind das beim Konzernumbau versprochene, stabile Unternehmen", sagt Teyssen, offenbar versöhnt mit sich selbst. "Eon ist pandemie- und wetterfest."

Der promovierte Jurist hat Eon, das an der Börse einst wertvollste Unternehmen Deutschlands, gleich mehrmals umgekrempelt. Teyssen wurde 2010 Vorstandschef. Kurz darauf verlängerte die Bundesregierung zunächst die Laufzeiten hiesiger Atomkraftwerke. Doch nach der Katastrophe von Fukushima zog der Staat dies wieder zurück. In der Folge musste Eon den Wert seiner Kernkraftwerke nach unten korrigieren - und Milliarden in jenen staatlichen Fonds einzahlen, der die Entsorgung hiesigen Atommülls übernimmt.

Zugleich speisen Windräder und Solarzellen mehr und mehr Strom ins Netz ein, der hierzulande Vorrang genießt vor konventionellen Kraftwerken. Also lagerte Teyssen die Gas- und Kohlemeiler aus und brachte sie 2016 als Teil der Firma Uniper an die Börse. Von 2018 an machte Eon gar mit RWE gemeinsame Sache: Teyssen gab das eigene Geschäft mit Wind- und Solarparks in Europa und Nordamerika an den ewigen Rivalen ab. Im Gegenzug übernahm Eon das Netz- und Vertriebsgeschäft der RWE-Tochter Innogy - auch, um Tausende Stellen im fusionierten Konzern einzusparen. Die EU-Kommission hat diesen milliardenschweren Tausch unter Auflagen genehmigt.

Eon ist schon bald ein Energiekonzern ohne Kraftwerke

Was ist das nun für ein Unternehmen, das Teyssen dieser Tage an seinen Vorstandskollegen Leonhard Birnbaum, 54, übergibt? Zunächst ist Eon ein Energiekonzern ohne Großkraftwerke - wenn man mal von den drei letzten Atommeilern absieht, die spätestens Ende nächsten Jahres vom Netz gehen sollen.

Stattdessen erwirtschaften die Essener gut 80 Prozent ihrer Betriebsgewinne mit regionalen Verteilnetzen für Strom und Gas, deren Betrieb der Staat für gewöhnlich in Ausschreibungen für mehrere Jahre vergibt. Vorteil dieses Geschäfts ist, dass es vergleichsweise stabile und planbare Einnahmen abwirft. So kommt Eon bislang tatsächlich mit vergleichsweise geringen Einbußen durch die Corona-Krise.

Allerdings achten Regulierungsbehörden auch darauf, dass die Gewinne der Netzbetreiber nicht überborden. Und der Konzern weiß, dass er in den nächsten Jahren Milliarden in die Zukunft seiner Netze investieren muss. "Jedes Windrad, jede Solaranlage werden im Stromverteilnetz angeschlossen", sagt der designierte Vorstandschef Birnbaum. Da künftig auch viel mehr Elektroautos und Wärmepumpen Strom benötigen, dürften Stromnetze an Bedeutung gewinnen.

An der Börse hat das neue Geschäftsmodell bislang nicht verfangen

Die restlichen Betriebsgewinne erwirtschaftet Eon mit dem Strom- und Gasvertrieb. Auch hier liegt die Chance darin, dass der Konzern Haushalten mehr und mehr innovative Lösungen verkauft: von der eigenen Solarzelle über den Batteriespeicher bis zur Ladesäule fürs Elektroauto. Andererseits ist der Wettbewerb um Strom- und Gaskunden in vielen Ländern intensiv. Vergleichsportale haben in den vergangenen Jahren viel Transparenz geschaffen. Und der Markt ist nicht frei von Schwankungen: Beispielsweise hat Eon im außergewöhnlich warmen Winter 2020 weniger Gas verkauft.

An der Börse hat das neue Geschäftsmodell jedenfalls noch nicht verfangen. Seitdem Eon und RWE ihr Tauschgeschäft verkündet haben, dümpelte der Kurs der Eon-Aktie zumeist zwischen acht und zehn Euro je Anteilsschein.

Für 2021 prognostiziert der Konzern nun, dass sein Gewinn von 1,6 Milliarden Euro im vorigen Jahr auf 1,7 bis 1,9 Milliarden Euro steigen soll. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 47 Cent je Anteilsschein erhalten, das ist ein Cent mehr als zuletzt. Doch bis 2023, wirbt Eon, soll die Ausschüttung an die Aktionäre Jahr für Jahr um fünf Prozent steigen. "Wir wollen zeigen, dass wir nicht nur ein sicheres Investment sind", kündigt Birnbaum an, sondern dass der Konzern auch nachhaltig wachsen werde. Genau daran dürften ihn Investoren in den nächsten Jahren messen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5245461
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.