Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bank:Die beste Wette seit "The Big Short"

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Die Deutsche Bank kann einen Milliardengewinn mit einer notleidenden Reederei erwarten. War das Geschäft ein verbotener Eigenhandel?

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Spätestens seit der Finanzkrise gehört es bei Investmentbanken zum guten Ton, dem sogenannten Eigenhandel abgeschworen zu haben: Transaktionen mit Wertpapieren auf eigene Rechnung, unabhängig von Kundenwünschen, die gibt es nicht mehr. Denn dabei zocken Händler mit dem Geld der Bank. Wenn es gut läuft, sahnt man den Bonus ab, wenn nicht, tragen in der Regel die Bank-Aktionäre oder gar die Steuerzahler das Risiko.

Auch gesetzlich sind solche Geschäfte inzwischen verboten, weswegen auch die Deutsche Bank stets beteuert, längst davon Abstand genommen zu haben. "Geschäfte ohne Kundenbezug dürfen wir ja schon lange nicht mehr machen - Eigenhandel ist verboten", hatte Finanzvorstand James von Moltke 2017 in einem Interview gesagt. Das Geldhaus sei in erster Linie Vermittler zwischen verschiedenen Parteien am Kapitalmarkt, zwischen Käufern und Verkäufern. "Das ist kein Zocken, sondern ein Risikotransfer, der volkswirtschaftlich sinnvoll ist."

Und so bemühte man sich bei der Bank am Dienstag rasch, ein sehr lukratives Geschäft mit notleidenden Krediten einer Reederei als fern jeder Zockerei darzustellen. "Gemäß unserer klar geäußerten Strategie betreiben wir keinen Eigenhandel", sagte ein Sprecher. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte über ein Investment der Bank in eine vormals angeschlagene israelische Reederei berichtet. Diese sehr "riskante Wette" könnte der Bank nun knapp eine Milliarde Dollar Gewinn einbringen, schrieb Bloomberg. Das wäre eine ihrer größten Handelsgewinne seit ihren Wetten gegen US-Subprime-Wertpapiere vor mehr als zehn Jahren. Damals hatte der legendäre Händler Greg Lippmann mit Wetten gegen US-Subprime-Wertpapiere knapp zwei Milliarden Dollar Gewinn für die Deutsche Bank eingefahren - was später Vorbild für den Film "The Big Short" war.

Nach jahrelanger Schiffskrise sind die Frachtraten in der Pandemie stark gestiegen

Konkret geht es nun um die Reederei Zim Integrated Shipping Services, die dank der überraschend stark gestiegenen Frachtraten gerade mit Erfolg an die Börse gegangen ist. Laut Daten des Wirtschaftsinformationsdienstes Refinitiv hielt die Deutsche Bank an Zim zuletzt einen Anteil von 13,7 Prozent im Wert von 923 Millionen Dollar. Nach jahrelanger Schiffskrise sind die weltweiten Frachtraten in der Corona-Pandemie überraschend stark gestiegen. Vor allem China und andere asiatische Exportstaaten hatten sich schneller als erwartet erholt. Statt Geld für Restaurants, Kinos oder Reisen auszugeben, kauften die Europäer und Amerikaner technische Geräte und Konsumgüter für zu Hause, die häufig aus Asien kamen und die Schifffahrt belebten.

Das alles war indes kaum abzusehen, als ein auf notleidende Schuldtitel spezialisierter Händler der Deutschen Bank 2016 einen Betrag von weniger als 100 Millionen Dollar in Anleihen und Bankkredite von Zim investiert, die damals sehr günstig waren. Er erwarb außerdem Aktien des Unternehmens für ein paar Millionen Dollar. Der Händler habe damals unbeirrt an der Reederei festgehalten und sei durch London gepilgert, auf der Suche nach Investoren, die sich seiner Wette anschließen könnten, was angesichts der niedrigen Frachtraten schwierig gewesen sei, schrieb Bloomberg. War dies nun Eigenhandel? Und geht das Geldhaus auch weiterhin solche Wetten ein? Dazu wollte ein Sprecher nichts sagen. Von einem Kundenauftrag ist bei der Nachrichtenagentur jedenfalls nicht die Rede.

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