Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Mitgliedstaaten verzögerten milliardenschwere EU-Hilfe

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Die EU-Förderbank soll zusätzliche Kredite an Mittelständler ermöglichen. Doch das Corona-Hilfsprogramm läuft nur schleppend an - und schuld sind die Regierungen.

Von Björn Finke, Brüssel

Es geht um sehr viel Geld, und trotzdem hatte die Sache in vielen EU-Hauptstädten offenbar keine Priorität: Bereits im April 2020 einigten sich die Mitgliedstaaten darauf, einen Hilfstopf bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) einzurichten, dem EU-Förderinstitut. Die 24,5 Milliarden Euro aus diesem Europäischen Garantiefonds kann die EIB nutzen, um privaten Banken Bürgschaften zur Verfügung zu stellen. Das soll es den Geldhäusern erlauben, an coronageschädigte Mittelständler bis zu 200 Milliarden Euro zusätzlich an Darlehen zu vergeben. Doch der Fonds lief äußert schleppend an - und Schuld daran tragen die nationalen Regierungen.

Das schreibt zumindest die für Wettbewerb zuständige Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager an den CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber. Der zweiseitige Brief liegt der SZ vor. Mit ihm antwortet die Dänin auf eine Anfrage des wirtschaftspolitischen Sprechers der christdemokratischen EVP-Fraktion.

Ursache der Verzögerung: Die EIB darf erst seit Mitte Dezember Verträge über die Bürgschaften mit Banken und Investmentfonds unterschreiben. Dabei gab der zuständige Vergabeausschuss des Luxemburger Förderinstituts schon seit Oktober Projekte frei. Die Verträge konnten jedoch erst abgeschlossen werden, nachdem die Wettbewerbshüter der EU-Kommission dieses neue Subventionsinstrument bewilligt hatten. Das geschah am 14. Dezember. CSU-Politiker Ferber wollte nun von Vestager wissen, wieso das so lange gedauert hat.

Die Regierungen mussten nur eine Seite unterschreiben

Die Kommissions-Vizechefin antwortet in dem Brief, dass es leider "zu Verzögerungen (...) durch die Mitgliedstaaten gekommen ist". Die 22 am Hilfsprogramm teilnehmenden EU-Regierungen stellen der EIB für den Fonds Garantien zur Verfügung; die Staaten würden also bei Ausfällen bürgen. Daher musste jede einzelne Regierung bei der EU-Kommission ihre Beteiligung an diesem Subventionsprogramm anmelden. Erst dann konnte die Behörde den Garantiefonds bewilligen. Bereits Anfang September schickte die EIB den Regierungen simple Meldebögen, die lediglich unterschrieben und an die Kommission gesendet werden mussten.

Wie eine Aufstellung Vestagers zeigt, gingen die letzten Anmeldungen aber erst am 26. November ein, von Österreich und Dänemark. Berlins Bogen kam am 20. November an. Bis Ende September hatten dagegen nur Zypern, Frankreich, Spanien und Polen geliefert. Wären alle so schnell gewesen, hätte die Bewilligung "natürlich deutlich früher geschehen können", schreibt Vestager. Der Europaabgeordnete Ferber ist sauer. "Die Mitgliedstaaten zeigen gerne mit dem Finger auf Brüssel, wenn ein Projekt nicht vorangeht", sagt er. Doch der Garantiefonds hätte früher helfen können, "wenn einige Mitgliedstaaten sich nicht wochenlang Zeit gelassen hätten, um ein Dokument zu unterzeichnen".

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