Süddeutsche Zeitung

Luftfahrt:Condor-Zerschlagung "eine Option, die nicht wegzudiskutieren ist"

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Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Fluggesellschaft Condor rechnet fest damit, innerhalb der kommenden zwei Monate einen neuen Investor präsentieren zu können. "Wir erwarten Anfang, Mitte Dezember unverbindliche Angebote und eine Lösung im Januar oder vielleicht auch ein paar Tage später", sagt Condor-Chef Ralf Teckentrup. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir gestärkt aus der Sache hervorgehen."

Die Sache, das ist der Kollaps der Muttergesellschaft Thomas Cook, die am 23. September Insolvenz anmelden musste. Condor fliegt seither trotzdem weiter, vor allem dank eines durch die Bundesregierung und das Land Hessen verbürgten Kredits in Höhe von 380 Millionen Euro. Dieser muss bis Ende März zurückgezahlt werden. Drei Tage nach der Thomas-Cook-Pleite beantragte Condor das vorläufige Schutzschirmverfahren, in dem sie vor Ansprüchen der Gläubiger geschützt ist. Teckentrup betont, dass bislang "kein einziger Flug ausgefallen" sei, außerdem seien die Pünktlichkeit und die technische Zuverlässigkeit der Flotte auf einem hohen Niveau.

Mit dem Aus für Thomas Cook musste Condor von einem Tag auf den anderen 15 Prozent der Buchungen aus dem System nehmen - der größte Kunde war weggebrochen. Doch der Effekt ließ sich nur kurzfristig bemerken: "Wir haben das Auslastungsproblem im Oktober bis auf einen Prozentpunkt wieder wettgemacht", so Teckentrup. Im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2018/19, das am 30. September endete, hat Condor nun erneut einen operativen Gewinn ausgewiesen, mit 57 Millionen Euro lag er um 32 Prozent über Vorjahresniveau. Der Umsatz stieg um sechs Prozent auf 1,6 Milliarden Euro, die Zahl der Passagiere um sieben Prozent auf 9,4 Millionen.

Condor ist nach Ansicht des vorläufigen Sachwalters Lucas Flöther "unverschuldet in diese Lage geraten." Deswegen passe das Schutzschirmverfahren, das vor allem für im Kern gesunde Unternehmen gedacht sei, "wie die Faust aufs Auge." Flöther hofft darauf, dass das Verfahren im März oder April wieder aufgehoben werden kann. Voraussetzung ist, dass sich bis dahin ein neuer Eigentümer findet. Das jedoch ist nicht ganz unkompliziert: Konkurrenten wie Easy Jet oder Wizz Air dürften - wenn überhaupt - nur Interesse am Europageschäft haben, Lufthansa nur an der Langstrecke, zumal ihr die Wettbewerbsbehörden weitere Zukäufe auf den Kurzstrecken kaum durchgehen lassen würden.

Für die vielen kleineren deutschen Reiseveranstalter, die großes Interesse an ihrem Überleben haben, ist die Condor ein sehr großer Brocken, den allenfalls ein Konsortium stemmen könnte. Konkurrenten wie TUIfly oder Lufthansa würden indes von einem Verschwinden der Ferienfluglinie profitieren. "Am besten wäre es, Condor als Ganzes zu verkaufen", sagt Teckentrup. Aber angesichts der komplexen Gemengelage sei eine Zerschlagung "eine Option, die nicht wegzudiskutieren ist".

Teckentrup und der neue Finanzchef Christoph Debus wollen in den kommenden Wochen die Zeit nutzen, um ihre Airline als Übernahmeziel interessanter zu machen. "Es gibt im Schutzschirmverfahren Kostensenkungspotenziale. Wir gehen jeden Vertrag einzeln durch," so Teckentrup. Auch die Mitarbeiter müssten Zugeständnisse machen. Die Verwaltung müsse verschlankt werden, da Condor frühere Aufgaben innerhalb der Thomas-Cook-Gruppe nicht mehr wahrnehme. "Wir reden mit den Gewerkschaften und müssen auch da Dinge anfassen."

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