Süddeutsche Zeitung

Compact Disc:Die Welt war eine Scheibe

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Vor 40 Jahren konnte ein größeres Publikum auf der Messe Ifa erstmals die Nachfolgerin der Vinyl-Schallplatte bestaunen.

Von Helmut Martin-Jung

Eigentlich wäre jetzt die Zeit, dass sich Aussteller und Fachjournalisten bereitmachen für einen Fixpunkt im Jahreskalender: Die Ifa in Berlin, die längst so viel mehr ist als eine Funkausstellung. Oder vielmehr sein könnte, denn in diesem Jahr fällt sie wegen der Pandemie aus. Schade nicht bloß für die Unternehmen, sondern auch für die Messestadt Berlin und nicht zuletzt das Publikum, das nach den Fachbesuchertagen die Hallen in Massen flutete. Manche sind zwar der Meinung, die ganz großen Neuerungen gebe es da auch nicht mehr. Und sie haben auch ein bisschen recht, denn die Zeiten, als Telefone ohne Kabel debütierten oder ein völlig neues Verfahren, wie man Musik abspeichern konnte, sind vorbei.

40 Jahre ist es her, dass auf der Messe eine Entwicklung von Philips und Sony erstmals einem größeren Publikum gezeigt wurde, die bald darauf den Markt erobern sollte: Die Compact Disc, kurz CD genannt. Auf die kleinen Scheiben mit 120 Millimetern Durchmesser haben die Hersteller die Informationen nicht mehr in Rillen mit Bergen und Tälern gepresst wie bei der Schallplatte. Es gab nur noch Nullen und Einsen. Der Verlauf der Frequenzen, die Musik ausmachen, wurde also in Zahlenwerten erfasst.

Das Verfahren ähnelt Filmen: Die bestehen zwar aus lauter Einzelbildern, unser Gehirn aber fügt sie zu einer kontinuierlichen Bewegung zusammen. Bei der digitalen Speicherung von Musik ist es genauso. Es werden nur Samples, also Momentaufnahmen, genommen, die aber so häufig, dass es uns vorkommt, als ströme die Musik dahin. Besonders audiophilen Menschen reicht die CD-Qualität aber nicht, sie bevorzugen Aufnahmen, bei denen noch öfter abgetastet wird.

Einige Jahre schien es, als würden Schallplatten für immer verschwinden. Doch sie erlebten ein Revival. Sie sind zwar empfindlich gegen Staub und Kratzer, viele lieben aber ihren Klang. CDs galten als steril im Klang, doch machte ihnen ein kleiner Kratzer nichts aus. Dafür gibt es Korrekturmechanismen, die errechnen, was wohl in der Zeit passiert, in der die Informationen wegen des Kratzes unleserlich sind. Gerettet hat sie das nicht. Inzwischen wurden CDs weitgehend abgelöst von Streaming-Diensten. Damit hat jeder nun Zugriff auf zig Millionen von Musikstücken. Auch die aber werden in Zahlenwerten gespeichert, digital - wie auf einer CD.

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