Süddeutsche Zeitung

Luftfahrt:737-Max-Fiasko kostet Boeing fast fünf Milliarden Dollar

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Von Hans von der Hagen

In den vergangenen Tagen haben Fluggesellschaften reihenweise mitgeteilt, dass alle ursprünglich geplanten Flüge mit der Boeing 737 Max mindestens noch bis zum November ausfallen sollen. Das bedeutet, dass das Flugverbot für eine der wichtigsten Maschinen des Unternehmens nach zwei Abstürzen in Indonesien und Äthiopien noch teuerer werden dürfte. Jetzt signalisiert Boeing erstmals, was auf das Unternehmen an finanziellen Belastungen zukommt: Im zweiten Quartal will der Flugzeughersteller 4,9 Milliarden Dollar zurückstellen.

Nach Angaben von Boeing soll das Geld für potenzielle Entschädigungen von Fluggesellschaften verwendet werden, die wegen des Ausfalls der 737 Max von Betriebsstörungen und Auslieferungsverzögerungen betroffen sind. Die Summe wird zwar im zweiten Quartal verbucht, mögliche Kompensationen an Airlines sollen aber über mehrere Jahre erfolgen. Zudem teilt Boeing mit, dass die Kosten für das 737-Programm um etwa 1,7 Milliarden Dollar gestiegen sein dürften. Grund dafür ist, dass das Unternehmen derzeit nicht die ursprünglich geplante Zahl an Flugzeugen fertigen kann.

Darüber hinaus werden auf Boeing noch Entschädigungsforderungen der Angehörigen der 346 Opfer zukommen, die bei den beiden Abstürzen des Flugzeugstyps ihr Leben verloren. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Boeing US-Anwalt Kenneth Feinberg und seine Partnerin Camille Biros mit der Verteilung des Geldes aus einem 100 Millionen Dollar schweren Hilfsfonds betraut hat. Die Hälfte dieser Summe soll Boeing zufolge kurzfristig an Familien der Opfer fließen.

Feinberg ist in den Vereinigten Staaten durchaus bekannt, da er unter anderem für Entschädigungsfragen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sowie nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zuständig war. Auch bei der VW-Abgasaffäre oder bei den Rechtsstreitigkeiten um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat vermittelt er.

Erleichterung an der Börse

Boeing-Anleger sind von der nach Börsenschluss genannten Milliardensumme für Rückstellungen nicht sonderlich erschrocken. Es scheint im Gegenteil nahezu Erleichterung vorzuherrschen, dass Boeing nur knapp fünf Millliarden Dollar zurückstellt: Im nachbörslichen Geschäft drehten die Aktien um etwa zwei Prozent ins Plus.

Ob die 737 Max in diesem Jahr überhaupt wieder starten darf, ist indes unklar. Zuletzt berichtete das Wall Street Journal, dass sich das Flugverbot noch bis ins kommende Jahr hineinziehen könnte. Der Grund: Verantwortliche von Boeing und der Luftfahrtbehörden weiten ihre Untersuchungen zunehmend aus. So steht den Angaben des Blattes zufolge nicht mehr nur die Steuerungssoftware des Flugzeugs unter Verdacht, zum Absturz der Maschinen beigetragen zu haben - womöglich verursachten auch einzelne elektronische Komponenten im Flugzeug Probleme.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2019
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