Süddeutsche Zeitung

Internet:Bahn will das Surfen leichter machen

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Von Markus Balser, Berlin

Wer auf Zugreisen gerne mit dem Computer arbeitet, weiß, dass das so seine Tücken hat. Denn bislang bietet die Deutsche Bahn kostenloses Internet flächendeckend nur an Bord der Fernzüge an. Wer am Bahnhof wartet oder umsteigt, steht beim Netz plötzlich ohne Anschluss da. Fahrgäste können sich an den Bahnhöfen bestenfalls in kostenpflichtige Netze etwa von der Telekom einloggen. Nun kündigt die Bahn zumindest bessere Online-Verbindungen an. Kunden sollten noch 2020 am Bahnhof surfen können, ohne sich erneut einloggen zu müssen, sagt Sabina Jeschke, die zuständige Digitalvorständin der Bahn. Flächendeckend wird es das Angebot allerdings zunächst nicht geben. Die Rede ist erst mal von "ausgewählten Bahnhöfen". Welche das sind, lässt die Bahn noch offen.

Der bessere Netzanschluss für Kunden ist eines der zentralen Digitalisierungsvorhaben, in die der Staatskonzern in den kommenden vier Jahren rund zwei Milliarden Euro investieren will. Dazu gehört auch ein besserer Handyempfang in Zügen. Doch vorsichtshalber bremst die Bahn gerade beim für viele Kunden wichtigen Telefonieren die Erwartungen. Dabei komme es vor allem auf die Antennenmast-Infrastruktur der Mobilfunkfirmen an, sagt Jeschke. Die aber hatten gerade eingestanden, dass sie den Auflagen des Bundes zur Versorgung von Verkehrswegen noch nicht ausreichend nachkommen.

"Radikale Digitalisierung"

Die Bahn hofft nun, dass Anbieter wie die Telekom, Vodafone oder Telefónica (O2) ihre Netze beim Umstieg auf das neue 5G-Netz schneller ausbauen - und erhöht den Druck. Es reiche für eine digitale Gesellschaft einfach nicht aus, wie bisher nur 80 Prozent des Landes mit Zugang zu schnellen Netzen zu versorgen. Nötig sei eine vollständige Netzabdeckung, sagt Jeschke. Auch nach den Vorgaben der Bundesregierung für den neuen, schnelleren Mobilfunkstandard 5G sollen bis 2024 alle Schienenwege mit Mobilfunk versorgt sein. Die Bahn will den Anbietern aber helfen und etwa Standorte auf eigenen Grundstücken vermitteln. Zudem könnten frequenzdurchlässige Scheiben, wie sie bereits in der Schweiz eingesetzt werden, den Empfang im Zug verbessern.

Auch die Digitalisierung des Bahnbetriebs, die etwa über Sensoren in den Zügen eine nötige Reparatur signalisiert, will die Bahn forcieren. "An einer radikalen Digitalisierung führt kein Weg vorbei. Nur so können mehr Verkehr auf die Schiene verlagern", sagt Jeschke. Derzeit überarbeitet die Deutsche Bahn ihre IT-Landschaft für die Betriebssysteme. Die Arbeiten betreffen auch die Bahn-App, über die etwa Handytickets gebucht werden. In wenigen Jahren sollen Reisende dort durchgängige Reiseketten buchen können, also auch Teilstrecken mit Fahrdiensten. Auch ein Spracherkennungssystem nach Vorbild von Apples "Siri" ist geplant. Zudem soll es bis spätestens Ende 2021 möglich sein, Erstattungen nach Zugverspätungen online beantragen zu können. Bislang ist dafür ein analoges Formular notwendig.

Im Kampf gegen Verspätungen soll künftig auch der 3D-Druck helfen. Die Beschaffung von Ersatzteilen für die im Durchschnitt 20 Jahre alten Züge dauert teils viele Monate. Die Bahn ist deshalb dazu übergegangen, Metall- oder Plastikteile selbst herzustellen. Bis 2021 sollen nach den Plänen der Bahn rund 10 000 verschiedene Ersatzteile auf Knopfdruck aus dem Drucker kommen.

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Quelle:
SZ vom 17.01.2020
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