Süddeutsche Zeitung

Lokführer legen Personenverkehr lahm:Streiken - mit aller Wucht

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Chaos bei der Bahn: Die Lokführergewerkschaft GDL will am Donnerstag den Personenverkehr bundesweit bestreiken. Über Details lässt die GDL die Reisenden im Unklaren. Ein Streik im Güterverkehr hat bereits am Mittwochabend begonnen.

Die Lokführer machen ernst: Reisende und Unternehmen in Deutschland müssen sich bundesweit auf Chaos im Bahnverkehr einstellen. Erstmals seit Beginn des Tarifstreits will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Güter- und Personenzüge gleichzeitig mit Streiks lahmlegen.

Schon an diesem Donnerstag sollen mitten im Berufsverkehr von vier Uhr bis zehn Uhr etliche Personenzüge nicht rollen, teilte die GDL in Frankfurt mit. Im Güterverkehr soll der Arbeitskampf bereits am Mittwochabend um 20 Uhr beginnen und ebenfalls am Donnerstag um zehn Uhr enden.

Wo genau Pendler sich auf Verspätungen und Zugausfälle einstellen müssen, ließ die GDL auch auf Nachfrage offen. Der Schwerpunkt des Streiks im Güterverkehr wird nach Angaben eines Gewerkschaftssprechers im Raum Halle/Saale in Ostdeutschland liegen. In den vergangenen Wochen hatte es bereits drei Warnstreiks gegeben, Hunderttausende Bahnreisende mussten Zugausfälle und Verspätungen hinnehmen.

"Immer absurder"

"Seit Bekanntgabe des Ergebnisses der Urabstimmung hat sich auf Arbeitgeberseite nichts bewegt. Dies zwingt uns zu erweiterten Arbeitskampfmaßnahmen, an denen diesmal auch die Kollegen der S-Bahn Berlin teilnehmen", erklärte der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky in einer Mitteilung.

Die GDL will einheitliche Tarifbedingungen für die etwa 20.000 Lokführer bei der Deutschen Bahn (DB) und weitere rund 6000 Lokführer bei der DB-Konkurrenz durchsetzen - darunter die sechs großen DB-Wettbewerber Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn. Bei einer Urabstimmung der Gewerkschaft hatte sich eine große Mehrheit für unbefristete Streiks ausgesprochen.

Die Deutsche Bahn sieht sich auf den Lokführerstreik im Güterverkehr vorbereitet. "Wir werden die Auswirkungen für die Kunden so gering wie möglich halten und vor allem die Versorgung von Kraftwerken, Hochöfen und anderen zentralen Industrien gewährleisten", sagte Logistik-Vorstand Karl-Friedrich Rausch laut Bahn-Mitteilung. "Es kann zu Verspätungen und auch Zugausfällen kommen, einen Stillstand wird es jedoch nicht geben", schrieb die Deutsche Bahn.

Zugleich kritisierte das bundeseigene Unternehmen den Arbeitskampf als "immer absurder". Die GDL wolle Druck auf die Bahn-Wettbewerber im Personenverkehr ausüben und bestreike dafür den Schienengüterverkehr der Deutschen Bahn. "Das versteht kein Mensch mehr", kritisierte Personalvorstand Ulrich Weber.

Er forderte die GDL auf, sofort an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Industrie bereitete sich bereits auf mehr Transporte per Lastwagen vor. Nach Angaben des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik können die meisten Unternehmen einen einwöchigen Streik relativ unbeschadet überbrücken. Inwiefern Aktionen im Güterverkehr indirekt auch Personenzüge stoppen, hängt von der Streiktaktik der GDL ab.

Verlassen die Züge erst gar nicht die Rangierbahnhöfe, dürfte es kaum Auswirkungen geben. Stoppen Züge aber auf der Strecke oder unterwegs an Stationen, könnten sie die Gleise auch für Personenzüge blockieren.

Bereits 2007 hatte die GDL im Kampf um einen eigenen Tarifvertrag bei der Deutschen Bahn auch Frachttransporte bestreikt. Bei einem 42-Stunden-Ausstand im November war damals der Güterverkehr in Ostdeutschland fast komplett zum Erliegen gekommen, in Westdeutschland fuhr nur noch jeder dritte Güterzug. Zu größeren Produktionsausfällen in der Industrie kam es allerdings nicht.

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