Süddeutsche Zeitung

Bafin:Zwischenlösung

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Die Suche nach einem neuen Chef der deutschen Finanzaufsichtsbehörde Bafin zieht sich hin. Nun soll wohl Bafin-Direktor Raimund Röseler für eine kurze Zeit einspringen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Auf der Suche nach einem neuen Chef für die Finanzaufsicht Bafin möchte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die engen Grenzen Deutschlands verlassen. "Wir suchen weltweit nach der besten Führung für die Bafin - Mann oder Frau", hat Scholz versprochen, denn das Ziel sei es, sich künftig mit allen Aufsichtsbehörden der Welt messen zu können. Man wolle "genauso gut sein wie die - am besten sogar am besten." Mit diesen Worten hat der Bundesfinanzminister im Umkehrschluss auch eingeräumt, dass die Bafin in der Vergangenheit weit davon entfernt war, in der internationalen Topliga der Aufsichtsbehörden mitzuspielen.

Umso entscheidender wird es sein, wer die Nachfolge von Felix Hufeld antritt, der zum ersten April seinen Chefposten bei der Bafin räumen muss, weil er und seine Behördenkollegen in der Causa Wirecard eine schlechte Figur abgegeben haben. Headhunter sind beauftragt, um den Markt abzusuchen. Das aber zieht sich nun schon viele Wochen.

Deshalb zeichnet sich jetzt eine Interimslösung ab. Nach Informationen der Börsen-Zeitung soll Raimund Röseler als Dienstältester aus dem sechsköpfigen Bafin-Direktorium übergangsweise auf den Präsidententhron steigen. Dieser Plan wirft natürlich gleich die Frage auf, ob bei Röseler aus interim auch dauerhaft werden könnte. Immer wieder kursieren Gerüchte, Hulfelds Nachfolger könne aus dem eigenen Haus kommen.

Auch Thorsten Pötzsch wird in diesem Zusammenhang gerne genannt. Er ist für den Bereich Bankenabwicklung und Geldwäscheprävention zuständig. Die Börsen-Zeitung schreibt weiter, dass Pötzsch auch zu den Aspiranten für die künftige EU-Behörde für Geldwäscheprävention zählen könnte. Ob das realistisch ist?

"Die Bafin findet in Europa kein Gehör mehr", sagt ein Insider

Die plötzliche Pleite der Greensill Bank und das Chaos rund um die Bank- und Geldwäscheaufsicht bei Wirecard geht auch auf das Konto von Röseler und Pötzsch. Wie sollte einer der beiden für einen Neuanfang stehen können? In den europäischen Aufsichtsgremien der Esma und Eba, die erste zuständig für Finanzmarktaufsicht, die zweite für Bankenaufsicht, haben die Bafin-Vertreter aufgrund der Skandale keinen guten Stand mehr. "Die Bafin findet in Europa kein Gehör mehr", sagt ein Insider. All das spricht für einen externen Kandidaten oder eine Kandidatin an der Bafin-Spitze.

Allerdings hat das Bundesfinanzministerium dessen Profil ziemlich eingegrenzt. Denn neben der internationalen Erfahrung und Führungsstärke erwartet man vom Kandidaten auch gute Deutschkenntnisse, was die Zahl der potenziellen Interessenten natürlich einschränkt.

Die Bafin ist vor allem wegen des Leerverkaufsverbots für Wirecard in die Kritik geraten. Sie hatte im Februar 2019 für zwei Monate Wetten auf Kursverluste der Wirecard-Aktien untersagt, obwohl die Bundesbank für diese Maßnahme keinen Anlass sah. Die Bafin stellte darüber hinaus Strafanzeige gegen den Journalisten der Financial Times, Dan McCrum, der jahrelang über Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen von Wirecard berichtet hatte. Die Behörde verdächtigte McCrum, mit Leerverkäufern gemeinsame Sache zu machen. Im September 2020 wurden die Ermittlungen gegen den Journalisten eingestellt.

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